Die Ära Rubin/Friedli endetWacker Thun scheitert in extremis
Die Berner Oberländer verpassen den Einzug in den Playoff-Halbfinal. Sie unterliegen Kriens-Luzern – nach Verlängerung im letzten Spiel.

Die Ära des so erfolgreichen Trainers Martin Rubin in Thun – sie ist zu Ende, nach 14 Jahren. Genauso wie die bemerkenswerte Karriere von Charakterkopf Reto Friedli.
Wacker scheitert im Playoff-Viertelfinal an Kriens – und zwar so knapp, wie es nur geht. Die Luzerner setzen sich in der Verlängerung des letzten Spiels durch. 32:29 gewinnen sie. Das Skore gibt nicht ansatzweise wieder, wie umstritten die Partie war.
Die grosse Chance
Sehr wenig fehlte – und die Berner Oberländer träfen nun anstelle der Innerschweizer in der Vorschlussrunde auf Kadetten Schaffhausen. In der Endphase der regulären Spielzeit machten sie auch wegen ihres nun gross aufspielenden Keepers Marc Winkler den besseren Eindruck und legten jeweils vor. Im letzten Angriff vermochten sie nicht zu reüssieren; der ansonsten überragende Lukas von Deschwanden – er erzielte 13 Tore – scheiterte in den finalen Augenblicken aus allerdings beträchtlicher Distanz.

In der addiert 10-minütigen Verlängerung waren die Thuner handicapiert. Dario Lüthi, einer ihrer letzten grossgewachsenen Verteidiger, hatte die dritte 2-Minuten-Strafe und damit die Rote Karte kassiert. In der Overtime fiel es den Luzernern spürbar leichter, zu guten Möglichkeiten zu kommen.
Nach dem Platzverweis gegen den physisch starken Oberaargauer fehlten dem zweimaligen Meister insgesamt acht Akteure, etwa der verletzte Schlüsselspieler Nicolas Raemy. Der Linkshänder wurde im rechten Rückraum von Eigengewächs Ivan Chernov vorzüglich ersetzt. Sieben Treffer warf der 19-jährige Hüne.
Die wahnwitzige Serie
Mit der Verlängerung in Partie 5 kriegte die vielleicht skurrilste Serie in der Playoff-Historie des hiesigen Handballs jenes Ende, das sie verdiente. Kriens hatte die ersten beiden Begegnungen dominiert und war dabei, in kürzestmöglicher Frist in den Halbfinal einzuziehen, ehe die Mannschaft von 1996-Olympiasieger Goran Perkovac in selten gesehenem Umfang abbaute. Urplötzlich waren die zum Auftakt irritierend lethargischen Thuner überlegen; sie hatten sich ihrerseits im grossen Stil gesteigert.

Die merkwürdige Dramaturgie war eine von vielen Kuriositäten der Serie. Wacker wurde in Duell zwei ein regulär erzielter Treffer nicht anerkannt. Die Fernsehbilder – das Spiel wurde im SRF live übertragen, genauso wie die Finalissima – zeigten sehr klar, dass der Ball im Tor war, aber unter dem Netz durchrollte und sich deswegen auf einmal neben dem Gehäuse befand.
Ab dem vierten Aufeinandertreffen mussten die Luzerner auf ihren so starken Keeper Paul Bar verzichten, der sich einer Operation an der Schulter unterzogen hatte, was Perkovac mit den markigen Worten kommentierte, sein Schlussmann habe das Team im Stich gelassen.
Wacker kommt zurück – immer und immer wieder
Und die Serie schien zwischenzeitlich beendet, Wackers Saison auch. Im Vorfeld der vierten Partie war ein Thuner positiv auf Covid getestet worden, weshalb sich sämtliche Teammitglieder in Quarantäne begaben. Weil die Spiele wegen des dichten Kalenders nicht hätten verschoben werden können, wäre der Viertelfinal beim Stand von 2:1 für Kriens für abgeschlossen erklärt worden. Die Kantonsärzte aber gaben zur Überraschung der Oberländer ihr Okay, Wacker konnte antreten und erzwang dezimiert eine Ausmarchung.
Dieser mangelte es zu keiner Zeit an Spannung. In Sursee waren die Innerschweizer vor der Pause besser: Sie führten zwischenzeitlich mit vier Toren Differenz. Mit der Umstellung in der Thuner Abwehr bekundeten sie grosse Schwierigkeiten.
Wacker machte den Rückstand im Nu wett und hatte in der Folge Vorteile, konnte diese aber nicht nutzen. Und so endet im Luzernischen die Ära Rubin/Friedli – und damit eines der verblüffendsten Kapitel in der jüngeren Schweizer Handballgeschichte. Sechs Titel gewannen die Thuner unter ihrem Coach, der zum BSV Bern und damit zum Kantonsrivalen wechselt.
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