Vorläufig wieder Luft
Die Verantwortlichen der Alters- und Pflegeheime in der Region können aufatmen. Die geplanten Sparmassnahmen werden nicht umgesetzt. Das hat der bernische Grosse Rat entschieden. Neben Erleichterung ist auch Kritik zu vernehmen.

Die Wochen waren hart, die Ungewissheit gross. Jetzt geht es Patrik Walther aber wieder besser. Er ist der Geschäftsführer von Sumia, der Alterszentrum Sumiswald AG, und war deshalb direkt von der Spardebatte im bernischen Grossen Rat betroffen. Der Sparhammer ist aber an Walther vorbeigeschnellt.
Die geplanten Einsparungen bei den Alters- und Pflegeheimen wurden abgelehnt. Dies, nachdem auch schon die Finanzkommission (Fiko) im Vorfeld vor der Hebelwirkung für die betroffenen Institutionen gewarnt hatte.
«Gegen Ende war ich zuversichtlich. Wenn aber die Fiko auch noch darauf eingestiegen wäre, wäre Hopfen und Malz verloren gewesen», sagt Patrik Walther. Und nicht ohne Schalk: «Dann hätte es bei uns fortan tagein, tagaus wässerige Suppe mit Brot gegeben.»
Grosse Besorgnis
Konkret wollte der Kanton die Ergänzungsleistungen bei der Hotellerie um 2.50 Franken pro Tag und Person kürzen. Für den Kanton wäre das eine verhältnismässig kleine Einsparung gewesen. Für die 22 Emmentaler Institutionen hätte das einen jährlichen Ertragsausfall von rund 1,2 Millionen Franken bedeutet.
Heruntergerechnet auf eine Institution wie etwa die Sumia – immerhin die Altersversorgerin im mittleren Emmental – hätte diese 2.50 Franken weniger pro Tag rund 120 000 Franken weniger jährliche Einnahmen bedeutet. Dies von einem Tag auf den anderen sozusagen.
Patrik Walther befürchtete nichts weniger als den Teilverlust der betrieblichen Substanz. Sogar von möglichen nötig werdendem Stellenabbau sprach er. Auch andere Geschäftsleiter, etwa jene des Alterszentrums Schlossmatt in Burgdorf, des Dahlia in Langnau und der kleineren Institution in Utzenstorf, des Zentrums Mösli, sahen der Sparmassnahme mit grosser Besorgnis entgegen.
Von der Kürzung der Betreuungszeit war die Rede, von Einschränkungen in der Agilität der Unternehmen, von Belastungen der Innovationskraft und arg durcheinandergeratenen Finanzplänen.
Respekt gezeigt
Jetzt, da sich die dunklen Wolken aber verzogen haben, ist die Stimmung wieder heiter. Erleichterung hier wie da. Urs Lüthi, Geschäftsführer des Dahlia, sagt etwa: «Ich bin natürlich sehr zufrieden. Alle Grossräte zeigen mit diesem Entscheid ihren Respekt und ihre Achtung gegenüber den betreuungs- und pflegebedürftigen Menschen und allen unseren Mitarbeitenden, die Tag für Tag mit viel Einsatz ihre Arbeit leisten.»
Und Patrik Walther bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: «Ich bin natürlich froh, dass das Parlament so entschieden hat. Jetzt haben wir bei steigenden Kosten immerhin keine sinkenden Erträge. Wir haben wieder etwas Luft.»
Von Menschen für Menschen
Was Walther damit antönt, ist der Druck, der auch weiterhin auf der Pflegeheimbranche lastet. «Wir wollen nicht klagen», sagt er, «das gehört zum Job.» Und doch erhofft er sich von der Politik grundsätzlich etwas mehr Entgegenkommen.
Konkret: eine vernünftige Abgeltung der Leistungen, etwa im Demenzbereich, den er heute mit zweieinhalb Vollzeitstellen aus anderen Bereichen quersubventionieren muss, weil die vom Kanton abgegoltene Betreuungszeit heute einfach nicht reicht.
Ins gleiche Horn stösst Jürg Kruger, Geschäftsleiter der Institution in Utzenstorf, dem Zentrum Mösli. «Ich wünschte mir, dass die Politik zu einem verlässlicheren Partner würde», sagt er. Die Ungewissheit jedes Jahr brauche immer sehr viel Energie.
Für ihn seien die jährlich thematisierten und stetig wiederkehrenden Spardebatten im Gesundheitswesen sozialpolitisch eine Problem, wenn gleichzeitig für zukünftige internationale Sportanlässe möglicherweise auch tief in die Kantonskasse gegriffen würde.
Auch André Burger, Geschäftsleiter des Zentrums Schlossmatt in Burgdorf, ist zwar erleichtert, sieht aber anhaltende grundsätzliche Widersprüche zwischen Politik und Realität: «Pflege kann nicht immer nur effizient und optimiert stattfinden», sagt er. Die Pflege finde durch Menschen an Menschen mit verschiedensten Bedürfnissen statt.
«Mein Wunsch ist, dass sich auch in Zukunft alle Personen eine professionelle, liebevolle und menschliche Pflege leisten können.» Die Gesellschaft und eben auch die Politik habe ihre Verantwortung gegenüber allen Bevölkerungsschichten wahrzunehmen, so auch gegenüber pflegebedürftigen Menschen.
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