Vor ihm zittert das Establishment der Demokraten
Bernie Sanders gilt als radikal, trotzdem ist er auf dem Weg zum Vorwahlsieger. Er könnte Trump in heiss umkämpften Staaten besiegen.

Die Stimmen in Nevada waren noch nicht ganz ausgezählt, als beim Establishment der Demokratischen Partei bereits Panik ausbrach. Denn der Sozialist Bernie Sanders errang bei den Parteiversammlungen in Nevada am Samstag einen überzeugenden Sieg und liess die Repräsentanten des gemässigten Parteiflügels – Joe Biden, Pete Buttigieg und Amy Klobuchar – weit hinter sich.
«Wir bewegen uns auf den Abgrund zu», erschauerte Matt Bennett von der moderaten Parteigruppe «Third Way». Und auf dem Kabelkanal MSNBC verglich Moderator Chris Matthews den Sieg des Sozialisten in Nevada gar mit der Niederlage Frankreichs gegen die Nazis 1940.
Die endzeitliche Stimmung des Establishments und seiner medialen Sprachrohre reflektiert eine zusehends vorstellbare Situation: Falls keiner der Präsidentschaftskandidaten in der politischen Mitte bei den Vorwahlen in South Carolina am nächsten Samstag und drei Tage später beim «Superdienstag» Bernie Sanders aufhalten kann, dürfte der Weg für den 78-Jährigen aus dem neuenglischen Vermont frei sein.
Sanders könnte Trump besiegen
Die Demokratische Partei zöge dann mit einem Kandidaten in die Wahl 2020, der einen umfassenden und in manchen Bereichen radikalen Umbau von Staat und Gesellschaft verlangt. Dies wiederum schürt beim Establishment die Befürchtung, nicht nur werde Sanders gegen Trump verlieren, der Sog einer Niederlage werde zudem auch die Kongresskandidaten der Partei im November ins Verderben reissen.
Dagegen aber lässt sich einiges einwenden: Sanders bewies in Nevada, dass er eine breite Koalition von Minderheiten, jungen Amerikanern sowie erstmals auch moderaten Demokraten zimmern kann. Zumal Umfragen zeigen, dass er Donald Trump tatsächlich besiegen könnte im November. Besonders in heiss umkämpften Staaten wie Michigan und Wisconsin liegt der Senator gut im Rennen. Seine Basis steht treu zu ihm, seine Präsenz in den Sozialen Medien ist unerreicht im Feld der demokratischen Kandidaten – und er sammelt wie kein zweiter Geld von kleinen Spendern ein.
Ob Sanders weniger wählbar wäre als etwa Joe Biden: Darüber streiten sich die Geister. Und sie streiten sich ebenfalls darüber, ob Sanders das sozialistische Etikett beim Urnengang im Herbst zum Verhängnis würde. Nach Donald Trumps Sensationssieg 2016 ist in der US-Politik vieles denkbar geworden, was zuvor undenkbar war.
Dennoch warnen Vertreter des Establishments vor einer Wiederholung der Katastrophe von 1972, als der linke Senator und Vietnam-Kriegsgegner George McGovern bei der Präsidentschaftswahl gegen Richard Nixon unterging. McGovern verlor 49 der 50 Staaten an Nixon, er siegte lediglich in Massachusetts. Die Demokratische Partei aber hat sich seitdem nach links bewegt, und nicht einmal Bernie Sanders schlägt innerhalb der Partei ein Ausmass an Feindseligkeit entgegen, mit der McGovern konfrontiert wurde.
Sanders-Kandidatur kaum noch zu verhindern
Was immer gegen den demokratischen Sozialisten vorgebracht wird: Viel Zeit bleibt seinen innerparteilichen Gegnern nicht mehr. Nach Mike Bloombergs blamablem Auftritt bei der Kandidatendebatte in der vergangenen Woche in Nevada ruhen ihre Hoffnungen nun wieder vermehrt auf Joe Biden. Nicht nur aber muss der Ex-Vizepräsident am Samstag in South Carolina endlich eine Vorwahl gewinnen, es müssten zudem moderate Kandidaten wie Pete Buttigieg und Amy Klobuchar das Feld räumen, um eine weitere Zersplitterung des Votums in der politischen Mitte zu verhindern.
Andernfalls könnte eine Sanders-Kandidatur wahrscheinlich nur noch auf dem Parteitag im Juli in Milwaukee verhindert werden. Das aber würde die Demokraten spalten: Wohl kaum nähmen es die Anhänger von Bernie Sanders hin, wenn ihrem Helden die Präsidentschaftskandidatur trotz einer Mehrheit der Delegiertenstimmen verwehrt würde.
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