Von Professor zu Professor
Varoufakis ist nach fünf Monaten Geschichte. Sein Nachfolger als griechischer Finanzminister scheint allerdings nur auf den ersten Blick empfänglicher für die Botschaften der Gläubiger.

Sein Hang zu ausufernden und belehrenden Vorträgen, selbst hinter verschlossenen Türen bei Ministertreffen, trieb seine europäischen Kollegen zur Weissglut. Giannis Varoufakis hat es in nur fünf Monaten als Finanzminister Griechenlands geschafft, bei den Vertretern der 18 übrigen Eurostaaten jeglichen Kredit zu verspielen. Nach seinem überraschenden Rücktritt nur Stunden nach dem deutlichen Nein der Griechen zu den Plänen ihrer Gläubiger, übernimmt nun ein neuer Mann: Efklidis Tsakalotos, wie sein Vorgänger einst Wirtschaftsprofessor.
Tsakalotos, der in Oxford studiert und in Kent und Athen gelehrt hat, ist wie Varoufakis kein langjähriger Politprofi. Ein kompletter Quereinsteiger ist er jedoch nicht. Seit rund einem Jahrzehnt ist er Mitglied der heutigen griechischen Regierungspartei Syriza, seit 2012 sitzt er für sie im Parlament. Tsakalotos gilt als enger Vertrauter von Premier Alexis Tsipras und als Kopf hinter der Wirtschaftspolitik der Partei.
Angesichts seiner politischen Überzeugungen dürften die Gläubiger von Tsakalotos kaum mehr Kompromissbereitschaft erwarten als von Varoufakis, den der 55-Jährige schon vor Monaten als Verhandlungsführer abgelöst hat. Bereits zuvor hatte Tsakalotos Varoufakis in der Regel zu Treffen mit den Vertretern von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds begleitet.
Tsakalotos ist Autor mehrerer Bücher. Vor noch nicht allzu langer Zeit erschien ein Werk mit dem Titel «Crucible of Resistance: Greece, the Eurozone and the World Economic Crisis». Tsakalotos und sein Co-Autor vertreten darin die These, dass nicht Vetternwirtschaft und ein verkrustetes Politsystem für den Niedergang Griechenlands verantwortlich seien, sondern die neoliberale Politik in den zwei Jahrzehnten vor dem Ausbruch der grossen Krise. Diese habe zu sehr grosser Ungleichheit und Demokratiedefiziten geführt.
Die Krawatte fehlt
Varoufakis hat mit seinem lauten Auftreten und seinem für Spitzenpolitiker ungewohnten Kleidungsstil das Bild der Syriza-Regierung geprägt. Die Krawatte fehlt meist auch bei Auftritten von Tsakalotos. Ansonsten steht der in Rotterdam geborene und in Grossbritannien aufgewachsene Tsakalotos für einen anderen Politstil. Obwohl Mitglied der Syriza-Führungsriege und stellvertretender Aussenminister, war er öffentlich bislang kaum aufgefallen.
Im Umgang wird Tsakalotos für die Unterhändler der Gläubiger wohl angenehmer sein als Varoufakis. In der Sache dürfte er aber weitgehend gleich agieren.
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