Neuer Regierungsrat in NidwaldenVom Käser zum Politiker zum Sozialarbeiter – und wieder zurück
Peter Truttmann hat in Nidwalden für eine kleine Sensation gesorgt. Der zu den Grünliberalen konvertierte Politiker schaffte es im ersten Anlauf locker in die Regierung.

Eigentlich hatte er vor zwei Jahren mit der Politik abgeschlossen: Peter Truttmann sass acht Jahre lang für Die Mitte, die sich damals noch CVP nannte, im Gemeinderat von Ennetbürgen im Kanton Nidwalden. 2020 war Schluss, das Dorf am Südhang des Bürgenstocks verlor den beliebten Gemeindepräsidenten und die Partei einen begabten Politiker. Truttmann gab sein Parteibüchlein ab und wollte sich voll auf seine neue Aufgabe als Geschäftsführer von Integra, einer Stiftung für Behinderte, im aargauischen Freiamt konzentrieren.
Ein grosser Erfolg für die Grünliberalen
Truttmann wohnt zwar mit seiner Familie immer noch in Ennetbürgen, aber seit dem vergangenen Sonntag ist vieles anders: Überraschend deutlich wurde er in den Nidwaldner Regierungsrat gewählt, für die Grünliberalen, die neue politische Heimat des inzwischen 57-Jährigen. Er habe nicht damit gerechnet, sagt ein verdutzter Truttmann zwei Tage später. Selbst in der Parteizentrale ist man überrascht, gelang vor ihm doch nur einer Grünliberalen die Wahl in ein kantonales Exekutivamt. Vor einem Jahr zog Esther Keller in die Regierung von Basel-Stadt ein.
Wie fand Truttmann zu den Grünliberalen, einer bisher eher als urban wahrgenommenen Partei? Nidwalden sei nicht so ländlich und so konservativ, wie man dies vielleicht in Zürich oder Bern vermute, sagt er. Noch weiter geht die Interpretation von Parteipräsident Jürg Grossen: Der Erfolg von Truttmann zeige vor allem, dass die Grünliberalen nicht einfach eine urbane, sondern eine progressive Partei seien, die sowohl in der Stadt als auch auf dem Land ein grosses Potenzial habe: «Wir sind auf dem besten Weg, auch noch in Uri Fuss zu fassen, dem letzten Kanton ohne GLP-Sektion.» Truttmann selbst fand über einen Freund zur Partei. Das seien coole Leute mit coolen Ideen, liess der ihn vor gut einem halben Jahr wissen. Nach einem Gespräch in kleiner Runde war auch Truttmann Feuer und Flamme. Er trat in die Partei ein und liess sich nur wenige Monate später gleich als Regierungsratskandidat aufstellen.
Nidwalden soll ein bisschen grüner werden
Es ist nicht das erste Mal, dass Truttmanns Weg nicht ganz gerade verlief. Nach ein paar Jahren am Gymnasium hatte er genug von der Theorie und machte eine Lehre als Käser. Doch schon bald wollte er mehr, er wollte seinen Intellekt stärker fordern. Es folgten ein Ingenieurstudium und verschiedene Führungspositionen bei Emmi. Nach ein paar Jahren im Management hatte Truttmann genug, wollte wieder näher an die Menschen und begann, im Sozialwesen zu arbeiten. Nun also der nächste Bruch: Ab sofort wird regiert.
Er sei sicher kein Linker, aber grüne Anliegen hätten ihn schon immer beschäftigt, sagt Truttmann. Das sei bereits bei den intensiven und emotionalen Debatten rund um das Atommülllager im Wellenberg so gewesen. «Ich habe mich damals zwar nicht politisch aktiv dagegen gewehrt, aber bei den Abstimmungen immer die Gegner unterstützt», sagt Truttmann. Jetzt will er Nidwalden ein bisschen grüner machen, aber mit einer liberalen, bürgerlichen Grundhaltung.
«Am Sonntag habe ich mich zwar gefreut, aber die Tränen sind erst am Montag geflossen.»
Truttmann sei ein ehrlicher und aufrechter Typ, sagt der Präsident der Nachbargemeinde Stansstad, Beat Plüss. Der FDP-Politiker ist ihm nicht wirklich böse, obwohl Truttmann den Freisinnigen den Sitz in der Regierung weggeschnappt hat: «Er hat halt dieses Macher-Gen.»
Keine Freude haben sie in der Integra in Wohlen: Die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Belegschaft hätten am Montag bei einer spontanen Wahlfeier mit vielen Emotionen und dankenden Worten schon mal ein wenig Abschied von ihm genommen. «Am Sonntag habe ich mich zwar gefreut, aber die Tränen sind erst am Montag geflossen», sagt ein gerührter Truttmann.
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