Vom Jahrhundert-Verein zum Todes-Klub
Al-Ahly Kairo war bis zu den schweren Krawallen mit mindestens 73 Toten am 1. Februar das Real Madrid Afrikas. Nun stellen die Spieler den Fortbestand der Mannschaft infrage.
35 Meistertitel, 33 Pokalsiege und sechs Triumphe in der afrikanischen Champions League zieren die Visitenkarte von al-Ahly Kairo. Die schweren Ausschreitungen beim Auswärtsspiel gegen al-Masry in Port Said am 1. Februar 2012 gefährden nun aber die Zukunft des Vereins, den der afrikanische Kontinentalverband CAF vor zwölf Jahren zu seinem Klub des Jahrhunderts kürte.
Die Leben der mindestens 73 Menschen, die bei den Krawallen umkamen, wiegen weit schwerer als die 74 Schmuckstücke im Palmarès von al-Ahly. «Es ist vorbei. Wir haben alle entschieden, dass wir nie wieder Fussball spielen werden», sagte Goalie Sharif Ikrami dem privaten TV-Sender ONTV. «Da sind Leute vor unseren Augen gestorben. Da können wir nicht an Fussball denken.»
Machen die Spieler von al-Ahly ihre Ankündigung wahr, ist das so, als hätten sich die Stars des FC Liverpool nach der Tragödie im Brüsseler Heysel-Stadion von 1985 komplett von Spitzensport zurückgezogen. Damals starben bei einer Massenpanik während des Meistercup-Finals gegen Juventus (0:1) 39 Menschen. Das Verschwinden einer Spitzenmannschaft wäre aber keine Novität in der Geschichte des Fussballs: 1950 löste der Verband der DDR nach schweren Ausschreitungen den Vizemeister SG Dresden-Friedrichstadt auf, worauf praktisch alle Spieler in die Bundesrepublik flüchteten, 1958 kam fast die gesamte Equipe von Manchester United bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
Die unglückliche Verbindung zwischen al-Ahly und dem FC Sion
Den FC Sion und die Super League verbindet mit al-Ahly eine leidige Transfergeschichte. Die Unstimmigkeiten zwischen den Wallisern und den Ägyptern bei der Verpflichtung von Goalie Essam al-Hadary lösten im Frühling 2008 die Lawine aus, die zur Fifa-Transfersperre gegen die Sittener und den 36-Punkte-Abzug für die laufende Meisterschaft führte. Al-Hadary, zwölf Jahre lang Symbolfigur bei al-Ahly und Ägyptens Penalty-Held im gewonnenen Afrika-Cup-Final 2006 gegen Didier Drogbas Ivorer, konnte die hohen Erwartungen in der Schweiz nie erfüllen, er kehrte nach der Degradierung zur Nummer 2 hinter Nicolas Beney zum Ismaily Sporting Club in seine Heimat zurück. 2010 sicherte sich al-Hadary mit seinem Land noch einmal die Afrika-Meisterschaft.
Früherer Xamax-Profi glaubt an Verschwörung
Der zweite Sohn von al-Ahly, der in der Schweiz spielte, ist der frühere Bundesliga-Profi Hany Ramzy. Der Verteidiger stand zwischen 1990 und 1994 bei Neuchâtel Xamax unter Vertrag, ehe er seine Karriere beim 1. FC Kaiserslautern, Werder Bremen und dem 1. FC Saarbrücken fortsetzte. Ramzy schloss in einer Stellungnahme gegenüber dem deutschen Sportinformationsdienst einen sportlichen Hintergrund der Krawalle in Port Said aus. «Das Spiel ging 3:1 für al-Masry aus. Welchen Grund hat man, nach einem Sieg aufs Feld zu rennen und Menschen zu töten?», so der Ex-Xamaxien. «Das war vorher geplant. Das Stadion war voll, es war ein wichtiges Spiel. Es war ein guter Anlass, etwas Schlimmes zu tun.»
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