Konzert der Camerata BernVielleicht sogar eine Weltpremiere
Antje Weithaas und die Camerata Bern sind ein eingespieltes Team. Als möglicherweise erstes Ensemble überhaupt beweisen sie, dass Dvořáks Violinkonzert auch ohne Dirigent geht.

«Es ist ein Abenteuer», sagt Antje Weithaas, und lacht ein schallendes Lachen. Die Geigerin bezieht sich dabei auf das Herzstück des Konzertprogramms, das sie kommenden Montag mit der Camerata Bern im Casino aufführen wird: Antonín Dvořáks Violinkonzert. Auch wenn das Werk lange Zeit unverdient im Schatten seines Geschwisters, dem allseits beliebten Cellokonzert stand, hat es seinen Weg in den Aufführungskanon mittlerweile längst gemacht. Abenteuerlich ist also allein die Programmierung des Solostücks noch lange nicht.
Die Aufführungsart hingegen, die Weithaas mit der Camerata Bern gerade probt, hat durchaus Sensationspotenzial. Weithaas wird in Dvořáks Violinkonzert als Solistin auftreten und das Ensemble gleichzeitig von der Geige aus führen. Ob das schon jemals so gemacht wurde? Das lässt sich kaum recherchieren. «Es ist gut möglich, dass wir damit eine Weltpremiere aufführen», so Weithaas.
Sie und die Camerata Bern sind ein erprobtes Team. Von 2009 bis 2018 stand die Violinistin dem Berner Ensemble als künstlerische Leiterin vor. Seither kehrt sie regelmässig als Gast zurück nach Bern. Das «Abenteuer Dvořák» steht denn auch in einer Reihe ähnlicher Herausforderungen, denen sich die Musikerinnen und Musiker gemeinsam bereits angenommen haben: Auch die Violinkonzerte von Brahms und Tschaikowski wurden von grosser Orchesterbesetzung auf die Camerata-Grösse reduziert und mit Weithaas in der Doppelfunktion als Solistin und Dirigentin aufgeführt. «Ich erhoffe mir vom kammermusikalischen Ansatz mehr Freiheit. Die kleinere räumliche Distanz wird uns Möglichkeiten eröffnen, die Musik viel agiler gemeinsam zu formen», so Weithaas.
Düsternis und Spielfreude
Auch in der Programmreihenfolge bricht die Camerata Bern mit Konventionen. Das Violinkonzert steht allein in der zweiten Hälfte des Konzertprogramms. Man wolle das Werk damit in eine repräsentative Position rücken, erklärt die Violinistin. Es war auch das erste Stück, das im Konzertprogramm feststand, das schliesslich unter dem Titel «Prager Herzschläge» zusammengestellt wurde. Im ersten Teil werden zwei weitere Werke mit Bezug zum damaligen Böhmen zu hören sein.
Eröffnen wird die Camerata Bern ihr Konzert mit Pavel Haas’ «Studie für Streichorchester», ein eindringliches, zutiefst düsteres Werk, entstanden im Konzentrationslager Theresienstadt. Wenige Wochen nach der Uraufführung des Werks im KZ 1944 wurde der Komponist nach Auschwitz deportiert und getötet. «Obwohl die Musik keine Heiterkeit ausstrahlt: Sie äussert eine unglaubliche Spielfreude», erzählt Weithaas. Von der Klangsprache aus dem 20. Jahrhundert erhofft sich die Musikerin letztlich auch ein neues Hörerlebnis für Mozarts «Prager» Sinfonie, die darauf folgt. Man höre bei Mozart plötzlich Dissonanzen, die seinerzeit absolut zukunftsträchtig waren. «Und Mozart schafft es ja, egal in welcher Stimmung man ist, die richtigen Töne zu finden.»
Casino Bern, Montag, 27. Februar, 19.30 Uhr
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