Schwingen: Das Bergfest im TalVieles ist ungewohnt, nicht aber der Sieger
Joel Wicki gewinnt den Stoos-Schwinget, zwei Berner überraschen, ein Innerschweizer hat Glück im Unglück.

Manchmal zeigt sich der grosse Unterschied im Kleinen. Unmittelbar vor dem Schlussgang am Stoos-Schwinget gegen Joel Wicki dürstet es Sven Schurtenberger nach Wasser. Nur: Es fehlt ein Holzbrunnen, der eigentlich zum Inventar eines Schwingfests zählt. Schliesslich findet der bullige Innerschweizer auf dem Sportplatz Wintersried in Ibach einen Wasserhahn, unter dem ansonsten Fussballschuhe ausgeklopft werden.
Allein dieses Detail zeigt, dass der Schwingsport ein Stück weit von der Normalität entfernt ist. Das traditionelle Bergkranzfest fand nicht auf dem Stoos, sondern im Tal statt. Die Anlage in Ibach bietet Platz für die Umsetzung der Schutzkonzepte. Sie wird in den nächsten Wochen auch Austragungsort des Innerschweizer Teilverbandsfests, des Rigi-Schwingets und des Schwyzer Kantonalen sein.
Trotz des jüngsten Lockerungsentscheids des Bundesrats ist zumindest das Innerschweizerische vom nächsten Sonntag ebenfalls ohne Zuschauer geplant. Gemäss den Organisatoren ist es kurzfristig weder möglich noch sinnvoll, das Festareal umzuplanen und Tribünen aufzustellen. «Rüdig schade» sei es, ohne Zuschauer zu schwingen, sagt Joel Wicki. «Es fehlt an vielem, was für uns Alltag wäre. Aber immerhin können wir wieder Wettkämpfe bestreiten.»
Aeschbacher ist mit Wicki «nid eso schützige»
Zwischen August 2019 und Juni 2021 konnten die Athleten nie um Kränze schwingen. Zweikampftraining war monatelang untersagt, die Schwinger fokussierten auf Kraft- und Ausdauereinheiten. Einigen merkte man in Ibach die fehlende Wettkampfpraxis an. Zu den anderen gehörte Wicki.
Der Sörenberger war beim letzten Grossanlass die prägende und tragische Figur gewesen: Am Eidgenössischen 2019 gewann er seine Gänge im Eiltempo, bodigte im Anschwingen etwa den starken Berner Matthias Aeschbacher im ersten Zug. Im Schlussgang aber reüssierte Christian Stucki. Der Seeländer klassierte sich im Rang 1a, Wicki war ebenfalls Festsieger im Rang 1b. Die Buchstaben trennt nichts Geringeres als ein Königstitel.
In Ibach demonstrierte Wicki, dass ihm die Pandemie weder Wucht noch Schnellkraft entzogen hat – im Gegenteil. Aeschbacher war im ersten Gang erneut chancenlos, verlor dieses Mal im zweiten Zug. Der Emmentaler sagte im schönsten Dialekt, er sei mit Wicki «nid eso schützige».
Einzig der Berner Fabian Staudenmann vermochte im vierten Gang Wickis Angriffen standzuhalten. Der 21-Jährige holte sich ebenso den Kranz wie Aeschbacher. Letzterer verpasste die Teilnahme am Schlussgang durch einen Gestellten gegen Marcel Bieri. Wie 2019 ermittelten die Innerschweizer Wicki und Schurtenberger den Stoos-Gewinner – erneut schwang Wicki obenaus.
So bleibt es in dieser Saison dabei: Der Favorit setzt sich durch. Stucki gewann das Aargauer Kantonale, Samuel Giger in Solothurn und Schaffhausen, Wicki das erste Bergfest. Womit sich zumindest erahnen lässt, dass Corona die Kräfteverhältnisse nicht wesentlich verschoben hat.
Wittwer und Ledermann holen den zweiten Stern
Die Berner waren in Ibach mit sechs Eidgenossen angetreten – deren drei kehrten mit dem Eichenlaub retour (Aeschbacher, Staudenmann sowie Kilian von Weissenfluh). Eine grosse Überraschung war, dass sich Jan Wittwer und Michael Ledermann mit dem ersten Bergkranz ihr zweites Sternchen sicherten.
Etliche arrivierte Kräfte verpassten derweil die Auszeichnung. Curdin Orlik verlor drei Kämpfe, für den Neo-Eidgenossen Thomas Inniger war das Fest nach vier gestellten Gängen bereits vorbei. War alles ein Klacks im Vergleich zu dem, was Carlo Gwerder erlebte. Der Schwyzer brach sich im ersten Gang zwei Halswirbel. Untersuchungen im Krankenhaus haben ergeben, dass er keine Lähmungen davontragen wird.
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