Vertrauen ist gut, Sanktionen sind besser
Barack Obama ringt um eine Lösung im Atomstreit mit dem Iran und muss dafür von allen Seiten heftige Kritik einstecken. Für einige seiner Verbündeten steht zu viel auf dem Spiel.

Der US-Senator John McCain ist nicht gerade für seine Liebe zu Frankreich bekannt, nach der jüngsten Verhandlungsrunde im Atomstreit mit dem Iran gebärdete sich der Republikaner aber ungewohnt frankophil. «Vive la France», jubelte er auf dem Online-Kurzmitteilungsdienst Twitter, weil Frankreich die Gespräche am vergangenen Wochenende in Genf gebremst haben soll. Auch McCains Parteifreund und Senatskollege Lindsey Graham überschüttete die unter US-Konservativen oft missgünstig beäugte Grande Nation mit Lob: «Gott sei Dank gibt es Frankreich.»
McCain und Graham sind zwei von vielen Skeptikern im US-Kongress, die den Verhandlungskurs von Präsident Barack Obama gegenüber dem Iran ablehnen. Stattdessen erwägt der Senat eine Verschärfung der Strafmassnahmen, das Repräsentantenhaus hat ein entsprechendes Gesetz bereits verabschiedet. Auch die US-Verbündeten in der Region laufen Sturm gegen ein Abkommen mit dem Iran: Israel und Saudiarabien fürchten, dass eine Annäherung zwischen Washington und Teheran zu ihren Lasten gehen würde.
Ein «Marsch in den Krieg»
US-Aussenminister John Kerry trat gestern bei einer Senatsanhörung den Sorgen entgegen, dass sich Washington von der iranischen Führung über den Tisch ziehen lasse. «Lasst uns ihnen einige Wochen geben, um zu sehen, ob es klappt», sagte Kerry vor Journalisten. Sollten sich die Hoffnungen nicht erfüllen, könnten die Strafmassnahmen wieder hochgefahren werden.
Die US-Regierung befürchtet, dass eine Verschärfung der Sanktionen die Hardliner in Teheran gegenüber dem moderaten Präsidenten Hassan Rohani stärken und damit die Chance auf eine diplomatische Lösung torpedieren könnte. Obamas Sprecher Jay Carney warnte vor einem «Marsch in den Krieg», sollten die Atomgespräche scheitern. Washington will eine nukleare Bewaffnung des Iran unbedingt verhindern. Ohne eine Einigung am Verhandlungstisch bliebe dafür nur ein Militäreinsatz, so die Argumentation des Weissen Hauses.
Spielraum der Regierung ist begrenzt
Im Kongress dominiert dagegen eine andere Sichtweise, sie wird sowohl von Republikanern als auch von Obamas Demokraten geteilt: Die wirtschaftliche Misere wegen der scharfen Strafmassnahmen habe den Iran erst zur Wiederaufnahme der Atomgespräche bewegt. Nun müsse noch ein wenig an der Sanktionsschraube gedreht werden, um Teheran endgültig zu einem Verzicht auf eine Atombombe zu bewegen. Der Vorsitzende des Senatsausschusses für auswärtige Beziehungen, Bob Menendez, nannte weitere Sanktionen eine «notwendige Versicherung» für die Verhandlungen.
Kerry hofft, den Senat zumindest bis zur nächsten Verhandlungsrunde am 20. November von einer härteren Gangart abzuhalten. Sein gestriger Auftritt brachte aber keinen Stimmungsumschwung. «Der Vortrag war nicht sehr überzeugend», sagte der republikanische Senator Mark Kirk. Der Spielraum der Regierung bei der Lockerung des bestehenden Sanktionsregimes ist derweil begrenzt: Bei vielen der Handels- und Finanzbeschränkungen wäre Obama für Änderungen auf grünes Licht aus dem Kongress angewiesen.
Saudiarabien in Sorge um die Macht
Nicht wenige US-Abgeordnete werden in ihrem Widerstand gegen Obamas Iran-Kurs von den Befürchtungen der israelischen Regierung bestärkt. Am Dienstag reiste der israelische Wirtschaftsminister Naftali Bennett nach Washington. «Wir werden eine Kampagne in den USA starten und Dutzende Kongressmitglieder treffen, denen ich persönlich erklären werde, dass Israels Sicherheit in Gefahr ist», kündigte Bennett an. Um seine Position im Iran-Poker durchsetzen zu können, stoppte der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu auch von den USA kritisierte Pläne für weitere jüdische Siedlungen im Westjordanland.
Auch Saudiarabien, langjähriger US-Verbündeter am Golf und Erzrivale des Iran, macht aus seiner Unzufriedenheit keinen Hehl. Die Monarchie sorgt sich nicht nur um die Stabilität im Nahen und Mittleren Osten, sondern vor allem auch um ihren Einfluss in der Region. Anfang November beschwichtigte Kerry die saudische Führung bei einem Besuch in Riad und versicherte, dass die USA einen atomar bewaffneten Iran nicht akzeptieren würden.
AFP/ajk
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