Verlierer des Aufschwungs
Joel Geissmann war beim FC Thun einer der Gewinner der Vorrunde. Zuletzt spielte er aber keine Rolle. Gegen Lausanne dürfte der Mittelfeldakteur nach Monaten wieder eine Bewährungschance erhalten.

Die Szene spielte sich in den letzten Wochen während des Trainings ab: Das 11 gegen 11 war gerade zu Ende, da gerieten auf dem Kunstrasen der Stockhorn-Arena Dennis Hediger und Joel Geissmann aneinander. Der Vorwurf der Mittelfeldstammkraft an den Ersatz: Er sei mehrmals unsauber in den Zweikampf gestiegen. Der verbale Schlagabtausch ging hin und her. «Da ist Feuer drin», stellte der damalige Thun-Trainer Jeff Saibene fest. Er fand das positiv, hatte Freude daran.
Für Joel Geissmann war und ist seine Situation derweil alles andere als angenehm. In der Vorrunde hatte der Zugang vom FC Wohlen zu den Leistungsträgern gezählt, bei den ersten 16 Spielen stand er stets in der Startaufstellung. Als er im Dezember in die Ferien ging, konnte er dies im Wissen tun, einer der Gewinner zu sein, sich nach Jahren in den Niederungen der Challenge League in der höchsten Spielklasse etabliert zu haben. «Ich finde, ich habe eine gute Vorrunde gemacht», sagt Geissmann, der erfrischend selbstbewusst aufzutreten pflegt.
Wenig Verständnis
Doch während der letzten Monate kam Joel Geissmann ins Grübeln. Nach der Winterpause ist er in 8 Partien erst eine Stunde lang im Einsatz gestanden. Fünfmal wurde er nicht gebraucht. Über seine geringen Bewährungschancen ist der frühere Juniorennationalspieler frustriert. «Bei uns hat ja der Coach nicht so eine grosse Auswahl wie bei YB und Basel», meint er.
Den Vorfall mit Hediger will Geissmann allerdings nicht aufbauschen. So etwas komme während einer Saison immer mal wieder vor. «Ich bin einer, der immer gewinnen will, ob im Training oder im Ernstkampf», sagt der 23-Jährige. Er findet zudem, er müsse sich bemerkbar machen, während der Einheit zeigen, dass er da sei. «Sonst haben die Trainer den Eindruck, mich störe es nicht, wenn ich auf der Bank sitze.» Geissmann gesteht, dass er sich zuletzt mehrmals auf die Lippen beissen musste.
Gerber adelt das Team
Geissmanns Abstieg ist vor allem auch die Geschichte vom Thuner Aufschwung in der Rückrunde. Die Auftritte waren gut, für die Verantwortlichen gab es demnach keinen Grund, etwas zu ändern. Der 30-jährige Captain Dennis Hediger, der kürzlich seinen Vertrag bis 2019 verlängert hat, agierte vor dem Platzverweis am Wochenende beim FC Sion so stark wie selten zuvor.
Und sein Nebenmann Sandro Lauper, ein Jahrzehnt jünger, agiert dank Spielintelligenz und Technik ruhig und abgeklärt wie ein Routinier. Der Konolfinger zählt zu den grössten Schweizer Mittelfeldtalenten, ist Teil des U-21-Nationalteams. Andres Gerber bezeichnete die aktuelle Mannschaft vor geraumer Zeit als die wohl stärkste, seit er Sportchef in Thun sei.
Die Behauptung ist nicht gewagt: In den vergangenen Saisons wäre Geissmann mit seinen Darbietungen kaum aus der Startelf wegzudenken gewesen. Seine Statistik, die 3 Tore und 2 Vorlagen ausweist, ist beachtlich.
Seltene Bewährungschance
Im Heimspiel gegen Tabellennachbar Lausanne (Samstag, 17.45 Uhr) wird Joel Geissmann voraussichtlich erstmals seit knapp vier Monaten wieder von Beginn an spielen dürfen. Hediger, der in diesen Tagen erstmals Vater wird, fehlt gesperrt. «Oft begeht man in solchen Fällen den Fehler, zu viel zu wollen. Weil man seine Chance unbedingt nutzen will», bedenkt Geissmann. Er habe sich deshalb vorgenommen, möglichst einfach zu spielen. Dann werde er weitersehen.
Taten statt Worte
Mit dem künftigen Cheftrainer Marc Schneider hat er ein vielversprechendes Gespräch geführt. Geissmann sagt aber auch, Worte alleine würden ihm irgendwann nicht mehr genügen. Er möchte, dass sich die Wertschätzung auch in Taten ausdrückt.
Im Sommer wird sich Joel Geissmann zusammen mit der Familie und dem Berater Gedanken zu seiner Zukunft machen. Er sagt: «Ich bin nicht nach Thun gekommen, um auf der Bank zu sitzen.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch