US-Medien kommen bei Skandalen um Trump kaum hinterher
In der News-Spirale um den twitternden Donald Trump hat sich der Alltag der Journalisten in den USA beschleunigt.

Washington erlebt unruhige Zeiten. An manchen Tagen überschlagen sich die Ereignisse: neue Leaks zur Russland-Affäre, Rausschmisse und Rücktritte - und dann noch die Tweets von Trump. Die Themen einer Nachrichtensendung frühzeitig zu planen, ist oft kaum noch möglich.
Die Zeitungen liefern eine Enthüllung nach der anderen. Das Fernsehen steigt ein und dreht die Storys weiter. Die amerikanischen Medien müssen derzeit zwar viel Schelte ertragen. Doch gleichzeitig bietet ihnen die politische Lage so viel Stoff, dass sie auftrumpfen können wie schon lange nicht mehr. Die Entwicklungen in Washington sind häufig so spannend, dass sich ihnen kaum einer entziehen kann - ein Traum für jeden Verlag und für jeden TV-Macher.
«Es ist extrem unberechenbar geworden», sagt Charles Moore, der die CNN-Sendung «Anderson Cooper 360» produziert. «Die Unberechenbarkeit ist inzwischen die Norm und das ist wirklich einzigartig.» Gerade die Abendnachrichten stehen vor einer ganz neuen Situation. Zum Teil liegt das auch daran, dass grosse Blätter wie die «New York Times» oder die «Washington Post» ihre Aufmacher nicht mehr bis zum Morgen zurückhalten, sondern sie oft schon am Nachmittag online stellen.
Kurz vor der Sendung von vorne anfangen
Am Mittwoch der vergangenen Woche war es besonders extrem - noch nach 18.30 Uhr (Ortszeit) kam es Schlag auf Schlag: neuer Versuch zur Aufhebung der Gesundheitsreform von Barack Obama geplant; Sohn und Schwiegersohn des Präsidenten sollen vor Kongress-Ausschuss treten; Senator John McCain an Krebs erkrankt. Und als wäre das nicht schon genug, platzt die «New York Times» noch mit dem Interview herein, in dem sich Donald Trump von seinem Justizminister distanziert.
Die Redaktion der MSNBC-Sendung «All in with Chris Hayes» hatte zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Stunden damit verbracht, die Acht-Uhr-Ausgabe des Tages vorzubereiten. Kurz vor der Ausstrahlung musste sie wegen der Nachrichtenflut dann noch einmal von vorne anfangen. «Es ist, als würde eine Welle nach der anderen über dich hereinbrechen», sagt der für die Produktion der Sendung verantwortliche Denis Horgan. «Du kommst kaum noch hinterher.»
So viele neue Abonnenten wie noch nie
Von den neuen Strukturen profitieren Verlage und Sender gleichermassen. Die Zeitungen bringen alle paar Stunden neue Exklusivberichte. Die Fernsehnachrichten haben dadurch immer frische Themen. Durch das Aufgreifen der Zeitungsberichte würden die Sender diesen wiederum zu einer deutlich höheren Aufmerksamkeit verhelfen, sagt Rick Edmonds vom amerikanischen Poynter-Institut für Medienforschung.
Befördert wird dieses System dadurch, dass Reporter der Zeitungen auch immer öfter in den TV-Studios zu Gast sind. Der Sender CNN etwa hat diesbezüglich feste Kooperationen mit Maggie Haberman von der «New York Times» und mit Adam Entous von der «Washington Post». Die erhöhte Aufmerksamkeit zahle sich für die Verlage auch finanziell aus, betont Edmonds. Und das sei für sie gerade angesichts des digitalen Wandels derzeit sehr wichtig. So konnte die «New York Times» in den ersten drei Monaten dieses Jahres 308 000 neue Online-Abonnenten hinzugewinnen, mehr als je zuvor in einem Quartal.
Mitarbeitende und Experten müssen flexibel sein
Die TV-Redaktionen erhalten von ihren Zeitungskollegen in der Regel aber keine Vorwarnung, wenn eine grössere Story vor der Veröffentlichung steht. «Wir sehen es erst dann, wenn es auch alle anderen über ihre E-Mail-Alerts oder auf Twitter sehen», sagt Moore von CNN. Das mache die Planung natürlich schwierig. In früheren Jahren hätten die Themen der Abendnachrichten meist um 17 Uhr oder um 17.30 Uhr festgestanden. Wenn dann doch noch eine Eilmeldung hinzugekommen sei, habe es sich selten um politische Themen gehandelt. Heute sei das ganz anders, betont der TV-Produzent. «Die festen Rhythmen des Tages gibt es einfach nicht mehr.»
Um sich gegen das Unberechenbare zu wappnen, halten die TV-Sender Experten in Rufbereitschaft. Aufseiten der Mitarbeiter ist Vielseitigkeit gefragt. In der vergangenen Woche etwa habe sich Washington-Korrespondent Jeff Zeleny für eine Übertragung auf dem Rasen vor dem Weissen Haus aufgestellt, sagt Moore. Die Live-Schaltung sei zustande gekommen. Kurzfristig sei es aber um ein ganz anderes Thema gegangen als ursprünglich geplant.
Die Arbeit unter solchen Bedingungen könne ziemlich hektisch und strapaziös sein, sagt Horgan von MSNBC. Aber auch deswegen habe er diesen Beruf gewählt. «Es gibt so viele Redaktionen, vor allem die »Times« und die »Post«, die gerade alle Register ziehen und dabei fast Unvorstellbares leisten.» Es sei daher eine wirklich spannende Zeit, um Journalist zu sein.
Fox News kümmert Enthüllungen nicht
Das Schwergewicht auf dem amerikanischen TV-Markt ist aber noch immer der erzkonservative Sender Fox News. Und dort ist von turbulenten Zeiten kaum etwas zu spüren. Denn in vielen der Schlagzeilen geht es um neue Skandale des Präsidenten. Und Fox News ist eben das Sammelbecken der Trump-Unterstützer. Am Tag nachdem die Konkurrenz sich an dem zunächst geheim gehaltenen Treffen Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin abgearbeitet hatte, kommentierte Fox-Moderator Sean Hannity, der seine Sendung meist am Nachmittag aufzeichnet, lieber abfällig die Berichterstattung der «Zerstört Trump»-Medien.
Ein deutlicher Rückschlag für Fox News war allerdings die Trennung von Star-Moderator Bill O'Reilly im April. Im ersten Monat der Präsidentschaft von Trump hatten die Abendnachrichten von Fox News mehr Zuschauer gehabt als die von CNN und MSNBC zusammen. Nach aktuellen Zahlen des Medieninformationsdienstes Nielsen konnte MSNBC von den jüngsten Entwicklungen am stärksten profitieren. Zur Hauptsendezeit hatte MSNBC demnach im Juli bisher durchschnittlich fast zwei Millionen Zuschauer, Fox News 2,38 Millionen und CNN knapp 900'000.
SDA/anf
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