Ungewohnte Ruhe bei der Geldsuche
Das Team BMC sucht für 2019 einen 20-Millionen-Sponsor. Trotzdem gibt man sich sehr entspannt

Das Gespenst geht im Profiradsport fast jährlich um. Steigt bei einem Team der Hauptsponsor aus, beginnt dort das grosse Bibbern. Die Verantwortlichen gemahnen ihre Angestellten zur Ruhe, erzählen von viel versprechenden Kontakten, legen eine Frist fest, bis wann sie die Nachfolge geregelt haben wollen. Nur um dann am festgelegten Zeitpunkt auf ein späteres Datum zu vertrösten. Auch in der Schweizer Radszene kennt man sich damit aus, das Ende des Teams IAM Cycling ging 2016 nach beschriebenem Ablauf vonstatten.
Es trifft aber längst nicht nur die kleineren Teams. Vorigen Sommer konnte Quickstep-Chef Patrick Lefevere noch während der Tour de France nicht mit Sicherheit sagen, wer sein Team 2018 finanzieren würde, das damals wie heute nach Siegen erfolgreichste Team. Die Topfahrer verliessen sich auf das Wort des Teamchefs, dass es gut komme, und verzichteten auf vorschnelle Wechsel.
Das interne Update für Anfang Mai wurde verschoben
Ruhig ist es diesbezüglich bislang auch bei BMC. Und doch gab es das erste bekannte ungute Zeichen. Die belgische Zeitung «Het Nieuwsblad» meldete diese Woche, das für Anfang Mai versprochene interne Update sei verschoben worden. Trotzdem herrscht im Team bezüglich Zukunft ein bemerkenswerter Optimismus. Obwohl für 2019 eine 20-Millionen-Franken-Lücke im Budget geschlossen werden muss. Es ist der Betrag, für den bis in diesem Jahr der kürzlich verstorbene Mäzen Andy Rihs geradestand.
Zwar sorgte Richie Porte früh in der Saison für etwas Aufruhr, als von ihm zu hören war, bis Mai brauche er eine Antwort. Nun wiegelt der Teamleader aber ab: «Mein Management macht seinen Job, ich meinen – und der ist Radfahren. Ich bin glücklich bei BMC und würde gerne bleiben.»
Dass Porte zu diesem Zeitpunkt der Saison entspannt Auskunft gibt, ist logisch: Er hat keine Zukunftssorgen, Rundfahrer wie er sind gesucht. Etwas weniger entspannt sieht es am anderen Ende der Teamhierarchie aus. Tom Bohli, einfacher Helfer mit kaum vorweisbaren Resultaten nach drei Profijahren, sagt knapp: «Wir alle hoffen, dass es weitergeht. Mehr weiss ich derzeit auch nicht.» Und ja, eine «gewisse Ungewissheit» könne er nicht negieren. Aber selbst der St. Galler ist weit davon entfernt, in Panik zu verfallen. Irgendetwas machen die Teamchefs also richtig in der internen Kommunikation.
BMC-Teamchef Jim Ochowicz hat den Optimismus in der DNA: Am Donnerstagmorgen, vor der Etappe von Delémont nach Yverdon, geht ein unangenehm kalter Wind, trotzdem hat sich der Amerikaner für die kurzen Hosen entschieden. «Ich mag Ihnen keine Prozentzahl nennen, wie zuversichtlich ich für 2019 bin», sagt er. «Aber wir arbeiten daran und sind in einer guten Position, um jemanden zu finden.»
Die Beteiligung von Andy Rihs und dessen Radfirma BMC sorgte dafür, dass das Team trotz seiner US-Lizenz und Leitung stets auch einen Schweizer Kern hatte. Ob es diesen auch in Zukunft haben wird, ist derzeit offen. Mit BMC als künftigem Radsponsor sei man in Verhandlungen, sagt Ochowicz, mehr aber auch nicht.
Woher kommt also diese entspannte Stimmung, wenn sich selbst der Teamchef so unkonkret äussert – und auch intern nicht mehr sagt? So melden das Quellen.
Am Donnerstagabend steht vor dem Teamhotel in Yverdon ein alter Bekannter im Schweizer Radsport: Marc Biver. Der einstige Astana-Teamchef trägt eine BMC-Mütze, jeder der eintreffenden Fahrer hält beim 67-Jährigen an für einen kurzen Schwatz. Die Beobachtung zeigt die Position, die Biver im Team hat – obwohl er in keinem offiziellen Organigramm auftaucht. Vor eineinhalb Jahren traf sich Rihs mit dem Luxemburger, beauftragte ihn damit, die Zukunft des Teams zu sichern, sprich neue Sponsoren zu finden, so erzählt das Biver. «Ich akzeptierte und machte mich an die Arbeit. Jetzt hoffe ich, dass es dank meinen Kontakten in nächster Zeit gut kommt.»
Eine Verbindung zu BMC war bereits vor seinem Mandat da – er hatte seinem Bruder Jean-Claude geraten, mit dessen Unternehmen TAG Heuer bei Team BMC einzusteigen. Seit vergangener Saison ist die Uhrenfirma Co-Sponsor.
Übernimmt der neue Sponsor ganz, wenn er Ja sagt?
Marc Biver erachtet gar nicht unbedingt die stolzen 20 Millionen Franken als Knackpunkt für ein Sponsorenengagement – «sondern ob der Radsport in die Kommunikationsstrategie eines Unternehmens passt».
Offensichtlich konnte er aber bei einem Kandidaten viel Überzeugungsarbeit leisten, so lassen sich jedenfalls seine Worte deuten. Er sagt: «Wir erwarten das Okay des möglichen Sponsors in den nächsten Tagen oder Wochen.»
Das Team dürfte also auch 2019 weiterexistieren, wie sich das Patron Rihs wünschte. Wie und unter welchem Namen, ist aber völlig offen. Gemunkelt wird in der Szene sogar von einer kompletten Übernahme durch einen neuen Sponsor, inklusive Abgang von Chef und Lizenzinhaber Ochowicz.
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