Ukraine: «Kein Krieg bis zum bitteren Ende»
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sprach im Fernsehen erstmals zu den Waffenverlusten der Regierungstruppen. Zudem äusserte er sich zur weiteren Entwicklung des Konflikts in der Ukraine.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat eingeräumt, dass bei den Kämpfen gegen die Separatisten im Osten des Landes etwa 65 Prozent des militärischen Geräts zerstört worden seien. Das sagte er im Fernsehen, nachdem sich am Wochenende eine Entschärfung des Konflikts abzeichnete. Die ukrainischen Soldaten bereiteten sich auf ihren Rückzug vor. Die Ukraine müsse in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen, «falls der Friedensplan nicht funktioniert», sagte Poroschenko während der ersten ausführlichen Fragerunde mit Journalisten seit seiner Wahl im Mai. Die Armee müsse gestärkt werden. Er verwies auf die bei seinen Besuchen in den USA und Kanada erhaltenen Zusagen über die Lieferung von militärischer Ausrüstung, darunter Radarsysteme. Waffen erhält Kiew von seinen Verbündeten aber nicht.
Keine militärische Lösung
Der ukrainische Präsident betonte zugleich, dass der Konflikt mit den prorussischen Rebellen im Osten des Landes nicht militärisch gelöst werden könne. Je mehr ukrainische Streitkräfte dort stationiert würden, «desto mehr russische Truppen wird es dort geben», sagte Poroschenko. Er rechtfertigte auch die Entscheidung, den Regionen Donezk und Lugansk mehr Autonomie zu gewähren.
Die Regierung in Moskau begrüsste die Äusserungen des ukrainischen Staatschefs. Poroschenko beginne zu verstehen, «dass er keinen Krieg bis zum bitteren Ende braucht», sagte Kreml-Stabschef Sergej Iwanow der Zeitung «Rossiskaja Gaseta». Durch die politischen Vereinbarungen sei eine Pause der Kampfhandlungen erreicht worden, auch wenn der Frieden «noch immer sehr brüchig ist».
30 Kilometer breite Pufferzone
Die ukrainische Regierung und die Rebellen hatten am 5. September einen Waffenstillstand vereinbart. Am Samstag wurde das Abkommen durch einen Neun-Punkte-Plan ergänzt. Hauptbestandteil ist der Rückzug aller Kampfeinheiten auf jeweils mindestens 15 Kilometer hinter die Frontlinie, so dass eine 30 Kilometer breite, entmilitarisierte Pufferzone entstehen soll. Diese soll unter die Aufsicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gestellt werden.
Die Waffenruhe wurde am Wochenende aber mehrfach gebrochen. Die umkämpfte Grossstadt Donezk wurde von Explosionen erschüttert und auch rings um den nahegelegenen Flughafen war Gefechtslärm zu hören. In der Nacht auf Montag seien zwei ukrainische Soldaten in Orten nahe Donezk von «bewaffneten Banden» getötet worden, sagte Kiews Armeesprecher Andrej Lyssenko.
Leichte Entspannung der Lage
Dennoch führte die Unterzeichnung der Vereinbarung in Minsk offenbar zu einer leichten Entspannung der Lage. Am Montagmorgen fielen in Donezk nur noch vereinzelt Schüsse. Seit Sonntag seien weder Grenzübertritte noch Verletzungen des ukrainischen Luftraums oder ein Beschuss von russischem Gebiet aus registriert worden, sagte Lyssenko. Offenbar halte sich die russische Seite an den Friedensplan. Die ukrainische Armee bereite sich ihrerseits darauf vor, ihre Truppen wie vereinbart hinter die Frontlinien zurückzuziehen, erklärte Lyssenko.
Die Bundesregierung äusserte sich angesichts der politischen Vereinbarungen zwischen den Konfliktparteien vorsichtig optimistisch. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, das Abkommen könne «als Einstieg in eine friedliche Lösung dienen». Von einer Entspannung der Lage in der Ostukraine könne aber noch keine Rede sein. Die stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Sawsan Chebli, nannte die militärische Pufferzone ein «positives Signal». Eine «offene militärische Konfrontation» sei abgewendet worden. Die Lage sei aber nach wie vor fragil.
AFP/rar
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