Überraschend starke Grüne verdirbt Lula-Erbin den Sieg
Dass es in Brasilien zur Stichwahl kommt, liegt vor allem am starken Abschneiden von Marina Silva. Mit ihrer Wahlempfehlung kann die Grüne nun beeinflussen, wer in Zukunft das Land regiert.
Die Kandidatin der Grünen, Marina Silva, ist dafür verantwortlich, dass in vier Wochen in einer Stichwahl über die Besetzung des höchsten Amtes in Brasilien entschieden wird. Damit ist Silva die heimliche Siegerin der Präsidentenwahl, wie der «Spiegel» schreibt. Sie holte knapp 20 Prozent der Stimmen. Ein Teil davon fehlten den Kandidaten Dilma Rousseff und José Serra zum Sieg im ersten Wahlgang. Die Kronfavoritin und von Präsident Lula unterstützte Rousseff hätte noch mindestens drei Prozent mehr Stimmen gebraucht, um die Wahl für sich zu entscheiden.
Das Rennen zwischen Serra und Rousseff ist noch offen. Der Kandidat, der von Marina Silva unterstützt wird, hat gute Chancen, demnächst in den Palacio do Planalto einzuziehen. Silva will ihre Wahlempfehlung nun von einer Abstimmung der Parteimitglieder abhängig machen.
Kampagne nicht an Lula ausgerichtet
Silva war die einzige, die ihre Kampagne nicht an der übermächtigen Figur Lulas ausgerichtet hatte. Serra und Rousseff hatten sich in ihrem Wahlkampf alleine darauf konzentriert, für oder gegen eine Weiterführung der Politik Lulas zu stehen. Marina Silva führte eine programmatische Kampagne und griff ihre Gegner mit Argumenten an. Sie steht für eine starke Umweltpolitik, den Schutz des Regenwaldes und eine nachhaltige Entwicklung. Sie verschärfte auch ihren Ton gegenüber Lula. Dieser sei nicht alles in Brasilien und von einem neuen Präsidenten dürfe man mehr erwarten, als nur Armutsbekämpfung und Wirtschaftswachstum.
Nach der Wahl rief die ehemalige Umweltministerin ihren jubelnden Anhängern in Sao Paulo auch zu: «Wir haben die Idee gebrochen, dass es bei dieser Wahl allein um eine Volksabstimmung (für oder gegen Präsident Lula) geht.» Im 21. Jahrhundert könne man keine Wahl mehr nur an einer Person ausrichten und ohne Programm gewinnen.
Silva vertritt ein modernes, junges Brasilien
Ihre Anhänger feierten Silva bereits als Präsidentin. «Marina Presidente» riefen sie ihr zu, als die Kandidatin nach der Wahl vor ihnen auftrat und die Finger zum Victory-Zeichen spreizte. Silva wuchs im Amazonasgebiet im Regenwald auf und war früher Gummisammlerin. Mit ihrem Fokus auf eine nachhaltige Umweltpolitik spricht sie vor allem junge, gut gebildete Wähler in einem urbanen Lebensraum an. Silva vertritt damit ein modernes, junges Brasilien. Diese Wähler fühlen sich weder von Rousseff noch von Serra treffend repräsentiert.
Der Erfolg von Silva ist tatsächlich beachtlich. In Rio de Janeiro überholte die Grünen-Kandidatin sogar ihren Konkurrenten Serra und erreichte nach Rousseff den zweiten Platz. In Sao Paulo, Belo Horizonte und den meisten Millionenmetropolen des brasilianischen Südostens erreichte sie weit über 20 Prozent.
Niederlage für Rousseff
Die 47 Prozent, die Dilma Rousseff erlangte, bedeuten hingegen für sie eine Niederlage. Der Kampf um Brasiliens Wähler wird nicht im Nordosten entschieden, wo Rousseff dank Lula bis zu 80 Prozent aller Stimmen holen konnte. Wer gewinnen will, braucht den entwickelten Südosten in Sao Paulo, Rio und Minas Gerais. Dort aber fällt es Lulas Arbeiterpartei traditionell schwer, Wähler zu mobilisieren.
Der eigentliche Verlierer der Wahl ist aber Lula. Der in Brasilien so beliebte Präsident musste feststellen, dass die Wähler ihm doch nicht bedingungslos folgen. Einzige Hoffnung ist für Lula das schwache Abschneiden von José Serras. Doch ob der Sozialdemokrat für die Grünen ein attraktiverer Partner ist als Rousseff, ist nicht sicher.
Zu wenig Umweltschutz
Ob aber Rousseff für Marina Silva eine wirkliche Alternative darstellt, ist zweifelhaft. Im Jahr 2008 war Marina Silva von ihrem Amt als Umweltministerin zurückgetreten, weil sie die zahlreichen Streits mit der damaligen Kabinettschefin Dilma Rousseff satt hatte. Rousseff hatte nach Silvas Meinung zu wenig Wert auf ökologische Aspekte gelegt, nachdem Lula Rousseff die Verantwortung für zahlreiche Grossprojekte im Amazonas-Gebiet übertragen hatte. Wachstum ging Lula immer vor Umweltschutz und das könnte seine Macht beenden.
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