Typisch Leuthard: Ein SRG-Päckli voller Zückerchen
Redaktor Peter Meier über die neue Medienabgabe.
Seit elf Jahren sitzt Doris Leuthard nun im Bundesrat. Sie hat sich in dieser Zeit ein beinahe makelloses Image zugelegt. Leuthard ist die Strahlefrau des Bundesrats, die scheinbar mühelos Abstimmungen gewinnt. Tatsächlich stehen in ihrer Erfolgsrechnung 13 Siege an der Urne zu Buche – bei nur 2 Niederlagen. Diverse Medien wollten Leuthard deshalb bei der jüngsten Departementsverteilung partout ins Aussenministerium schreiben, auf dass sie auch noch die leidige Europa-Frage löse. Wer sonst als Super-Doris sollte das schaffen?
Ihr Siegerimage verdankt die CVP-Magistratin ihrem ausgeprägten politischen Instinkt. Die Taktik ist stets dieselbe: Stellt sich ein diffiziles Problem, wartet Leuthard zuerst mal ab und beobachtet das Geschehen aus der Distanz. Kaum haben sich die Mehrheiten gebildet, ist sie wieder zur Stelle, macht sich die Mehrheitsmeinung zu eigen und präsentiert eine darauf ausgerichtete Vorlage. Meist ist das ein sorgsam geschnürtes Päckli, das für alle Zückerchen bereithält.
Nirgends zeigt sich diese Taktik anschaulicher als in Leuthards Medienpolitik. Jüngstes Beispiel ist ihr gestriger Entscheid im Streit um die SRG-Gebühren. Auslöser ist die «No Billag»-Initiative, die die Radio- und TV-Gebühren abschaffen und der SRG den Geldhahn zudrehen will. Seit gestern steht fest: Das radikale Begehren kommt im nächsten März an die Urne. Es wird Leuthards letzte Schlacht, die sie um jeden Preis gewinnen will.
Nach monatelangem Schweigen zur künftigen Gebührenhöhe liess sie gestern die Katze aus dem Sack: Ab 2019 soll die Zwangsabgabe von 451 auf 365 Franken sinken. Ein Franken pro Tag für den Service public – der wirkungsvolle Slogan steht, der «No Billag»-Abstimmungskampf ist eröffnet.
Natürlich ist auch beim neusten Päckli für fast jeden was dabei: Für die Haushalte wirds deutlich billiger, das Gros der Firmen zahlt wenig bis nichts, die privaten Lokalradio- und TV-Stationen erhalten das gesetzlich vorgesehene Maximum. Und die Gebühreneinnahmen der SRG werden bei 1,2 Milliarden Franken plafoniert.
Leuthards Köder sind also wieder einmal geschickt ausgelegt. Wo alle profitieren, ist keiner dagegen, lautet das Motto. Das dürfte seine Wirkung nicht verfehlen – zumindest bei jenen, die auf der Kippe stehen, mit der SRG zwar unzufrieden sind, sie aber nicht gleich zerschlagen wollen. Ob die Taktik allerdings auch bei den ärgsten Gegnern in den Reihen von SVP, FDP und Wirtschaft verfängt, ist mehr als fraglich.
Denn Leuthard hat sich mit ihrem Vorschlag nicht mal in die Nähe der SRG-Schmerzgrenze gewagt. Es ist ein politisches Zeichen des guten Willens, nicht viel mehr. Ein symbolischer Kompromiss zugunsten der SRG, die damit bestens leben kann.
Gewiss: Die «No Billag»-Initiative ist viel zu radikal und darum abzulehnen. Denn unbestritten ist, dass die SRG in vielen Belangen Hervorragendes leistet und damit zu Recht breite Akzeptanz geniesst. Völlig chancenlos ist die Initiative freilich nicht. Darum ist es besonders ärgerlich, dass Leuthard die überfällige Service-public-Debatte weiterhin mit aller Kraft verhindern will. Statt endlich zuerst Umfang und Ausrichtung des Service public zu klären und dann die Kosten dafür festzulegen, geht sie trotz gegenteiliger Beteuerungen erneut umgekehrt vor.
Es ist dasselbe Muster wie beim neuen Radio- und TV-Gesetz 2015. Damals ging das an der Urne noch hauchdünn gut. Offensichtlich hat Leuthard nichts daraus gelernt. Diese Ignoranz könnte sie im März das Siegerlachen kosten – und die SRG ihre Existenz.Mail:peter.meier
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