Tunesier protestieren gegen Provinzregierung
In der nordtunesischen Stadt Siliana herrschen Armut und Arbeitslosigkeit. Bei Strassenschlachten gab es nun 265 Verletzte. Gewerkschaften prangern die «masslose Polizeigewalt» an.

Bei Protesten gegen Armut sind in der nordtunesischen Provinzhauptstadt Siliana am Mittwoch mindestens 265 Menschen verletzt worden. Den ganzen Tag lang gab es Strassenschlachten zwischen Polizisten und aufgebrachten Demonstranten, die gegen soziale Missstände protestierten und den Rücktritt des Gouverneurs forderten. Für heute wurden weitere Demonstrationen angekündigt.
Wie die Nachrichtenagentur AFP aus Krankenhäusern erfuhr, wurden 265 Menschen ärztlich behandelt. Die meisten von ihnen hätten Verletzungen durch Platzpatronen erlitten sowie Prellungen, Knochenbrüche und Schnittwunden. Insgesamt 19 Demonstranten wurden an den Augen verletzt, einige von ihnen mussten in eine Augenklinik in der Hauptstadt Tunis gebracht werden. Unter den Verletzten waren auch zwei Journalisten des Nachrichtensenders France 24.
Erste Ausschreitungen am Dienstag
Bereits am Dienstag hatte es in der 120 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tunis gelegenen Stadt Ausschreitungen gegeben. Am Mittwochmorgen versammelten sich tausende Menschen vor dem Sitz des Gouverneurs. Wie bereits am Vortag errichteten sie Strassensperren aus brennenden Autoreifen. Demonstranten warfen Steine auf Beamte, die Polizei setzte Tränengas ein.
Am Abend zog sich die Polizei weitgehend zurück, es herrschte eine angespannte Ruhe in der Stadt. Die Geschäfte waren geschlossen, die Strassensperren der Demonstranten machten viele Strassen unpassierbar. Eine Gruppe Jugendlicher blockierte am Abend die grösste Zufahrtsstrasse zur Stadt, damit keine Verstärkung der Polizei anrücken konnte. Auch gab es vereinzelt noch Zusammenstösse.
«masslose Polizeigewalt»
Der Gewerkschaftsverband UGTT verurteilte eine «masslose Polizeigewalt» gegen die Demonstranten und rief zu neuen Protesten auf, um den Rücktritt des Provinzgouverneurs von Siliana, Ahmed Ezzine, zu fordern. In seiner einzigen Reaktion auf die Proteste sagte Ministerpräsident Hamadi Jebali am Abend im Fernsehen, dass der Gouverneur «nicht gehen wird». Zuvor hatte die Regierung ein Gerücht dementiert, wonach Ezzine mit Jebali verwandt ist.
Der Sprecher des Innenministeriums, Khaled Tarrouche, versicherte, wenn die Proteste friedlich blieben, werde «die Polizei nicht einschreiten». Im Falle eines Eingreifens gelte stets «das Prinzip, niemanden zu töten».
Die Proteste richten sich gegen schlechte Lebensbedingungen in Siliana. Die Demonstranten verlangen Wirtschafts- und Sozialhilfe sowie die Freilassung von Gefangenen, die seit April 2011 in Haft sind. Tunesien leidet unter einer hohen Arbeitslosigkeit, vor allem unter Jugendlichen. Besonders dramatisch ist die Situation in der Provinz. Soziale Unruhen hatten den Sturz des langjährigen tunesischen Machthabers Zine el Abidine Ben Ali Anfang 2011 ausgelöst.
AFP/mw
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