Türkei ruft nach Dreifachmord zur Ruhe auf
In Paris wurden drei Mitarbeiterinnen eines kurdischen Zentrums erschossen. Die PKK macht türkische Staatskräfte für die Tat verantwortlich. Nun hat sich Ministerpräsident Erdogan eingeschaltet.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat nach dem Mord an drei kurdischen Aktivistinnen in Paris zur Ruhe aufgerufen. Die Aufklärung des Verbrechens müsse abgewartet werden, sagte Erdogan heute nach türkischen Medienberichten während einer Afrikareise.
Es könne sich um eine blutige Abrechnung innerhalb der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) handeln, aber auch um eine «versuchte Provokation», die sich gegen die Kurdenpolitik seiner Regierung richte. Er werde diese Politik aber fortsetzen.
Der stellvertretende Ministerpräsident und Regierungssprecher Bülent Arinc verurteilte die Bluttat und sprach von einer «aussergerichtlichen Hinrichtung». Die Türkei führe den Kampf gegen die PKK im Rahmen des Rechtsstaates.
Arinc schloss nicht aus, dass sich der Anschlag gegen die derzeit laufenden Friedensverhandlungen zwischen dem türkischen Staat und dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan richtete.
Mitbegründerin der PKK
Drei kurdische Aktivistinnen waren am Mittwoch in der französischen Hauptstadt von Unbekannten erschossen worden. Die Leichen der drei Frauen wurden in der Nacht auf heute in den Räumen des kurdischen Informationszentrums mitten in der französischen Hauptstadt gefunden, wie die Polizei mitteilte.
Der Verantwortliche des Informationsbüros, Leon Edart, sagte, bei einer der Frauen handle es sich um Fidan Dogan, eine 32-jährige Mitarbeiterin des Zentrums. Sie war nach Angaben der Vereinigung der Kurdenverbände in Frankreich auch Vertreterin des kurdischen Nationalkongresses in Paris.
Bei den anderen zwei Frauen handelte es sich demnach um Sakine Cansiz, eine Mitgründerin der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), sowie um die junge Aktivistin Leyla Söylemez.
Nach Angaben Edarts befanden sich die drei Frauen am Mittwochnachmittag allein in dem mit einem elektronischen Türschloss gesicherten Informationsbüro in der Lafayette-Strasse.
Ein Mitglied der kurdischen Gemeinschaft versuchte die Frauen vergeblich zu erreichen und fuhr daraufhin zu dem Büro, gelangte aber zunächst nicht in das Gebäude.
Mehrere Kurden, die sich ebenfalls Sorgen machten, kamen dann zum Gebäude und entdeckten an der Tür des Büros im ersten Obergeschoss Blutspuren. Als sie die Tür gegen ein Uhr nachts aufbrachen, entdeckten sie die drei toten Frauen.
Zwei Frauen wurden mit Nackenschüssen getötet
Dem Verband zufolge wurden zwei der Frauen mit Nackenschüssen getötet. Der dritten Frau wurde demnach von vorn in den Kopf und in den Bauch geschossen. Der Verantwortliche des Informationsbüros sagte, womöglich hätten die Frauen dem oder den Tätern die Tür geöffnet.
Es deute alles auf eine «Hinrichtung» der drei Kurdinnen hin, hiess es aus Polizeikreisen. Jedoch müssten die Ergebnisse der Ermittlungen abgewartet werden.
Die für Terrorismusbekämpfung zuständige Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. Der französische Innenminister Manuel Valls sprach von «unerträglichen Morden» und begab sich noch am Donnerstagmorgen zum Tatort.
Vorwürfe an türkischen Staat
Dort versammelten sich Hunderte Kurden und riefen «Wir sind alle die PKK» und – mit Blick auf Frankreichs Staatschef François Hollande – «Türkei Mörderin, Hollande Komplize». In Frankreich leben rund 150'000 Kurden, die grosse Mehrheit von ihnen stammt aus der Türkei.
Ein Vertreter der Kurdenrebellen machte Kräfte im türkischen Staatsapparat für die Gewalttat verantwortlich. Die Tat richte sich gegen die Friedensverhandlungen zwischen der türkischen Regierung und dem inhaftierten kurdischen Rebellenchef Abdullah Öcalan, sagte Zübeyir Aydar, ein führender Vertreter des politischen Arms der PKK, nach türkischen Medienberichten. Die türkische Regierungspartei AKP sprach dagegen von blutigen Abrechnungen innerhalb der PKK.
Jahrzehntelanger Konflikt
Erst am Mittwoch hatten türkische Medien von Fortschritten bei den Bemühungen um eine Lösung des seit fast drei Jahrzehnten andauernden Kurdenkonflikts berichtet. Demnach verhandelten türkische Geheimdienstmitarbeiter mit dem inhaftierten kurdischen Rebellenchef Abdullah Öcalan und mit der PKK-Führung im Nordirak.
Die PKK kämpft seit dem Jahr 1984 gegen den türkischen Staat. In dem Konflikt wurden bislang etwa 45'000 Menschen getötet. Die Rebellen rückten inzwischen von ihrer anfänglichen Forderung nach einem Kurdenstaat ab und verlangen heute eine offizielle Anerkennung der kurdischen Identität durch die Türkei.
sda/dapd/kle
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