Trump sieht sich als Sieger
Die Twitter-Pause hielt keine 24 Stunden. Dann meldete sich Donald Trump mit Breitseite auf den gefeuerten FBI-Chef James Comey zurück. Der Präsident der Vereinigten Staaten sieht sich als Sieger.
Trumps Heimatblatt «Daily News» begrüsste ihn am Tag danach mit einer Titelseite, auf dem über einer ganzseitigen Aufnahme seines zerknirschten Gesichts in fetten weissen Lettern das Wort «Liar» prangt. Auf Deutsch heisst das Lügner und fasst drastisch den Tenor der US-Presse am Tag nach dem Politthriller im Kongress zusammen. Die «New York Times» behandelte den bedrängten US-Präsidenten nicht viel freundlicher. Der Schriftsatz ist kleiner, der Inhalt aber nicht minder deutlich. «Mister Comey und all die Lügen des Präsidenten» steht über dem Leitartikel zu der Anhörung im Saal 2016 des US-Senats.
«Ein Geheimnisverräter»
Wie immer, wenn es nicht gut für ihn läuft, schweigt Trump erst eine Weile, bevor er sich auf Twitter mit einer Erklärung zurückmeldet, die dann merkwürdig realitätsfern wirkt. «Trotz so vieler falscher Aussagen und Lügen, vollständige und umfassende Rehabilitation», zieht der Präsident in den frühen Morgenstunden Bilanz. «. . . und wow, Comey ist ein Geheimnisverräter.»
Sein persönlicher Anwalt Marc E. Kasowitz hatte schon zuvor in Aussicht gestellt, rechtlich gegen den früheren FBI-Direktor vorzugehen. Comey hatte bei der Anhörung eingeräumt, einige der nach den Gesprächen mit dem Präsidenten angefertigten Memoranden an die Presse durchgestochen zu haben. Rechtsexperten wie Stephen Kohn versichern, Comey habe nicht viel zu befürchten. Erstens sei er kein Staatsbediensteter mehr.
Des Weiteren unterliege er dem Schutz für sogenannte Whistleblower. Die «Wolke», die Comey über der Präsidentschaft Trumps wegschieben sollte, baute sich gemessen an den Reaktionen auf die dreistündige Befragung des gefeuerten FBI-Direktors vor dem Geheimdienste-Ausschuss des US-Senats zu einem Gebirge auf. Analysten erwarten langfristige Konsequenzen.
Ringen um Glaubwürdigkeit
Analysten weisen darauf hin, der ehemalige Chef der Bundespolizei sei der Bitte des Kongresses nicht nachgekommen, seine Memos den zuständigen Ausschüssen zu überlassen. Dass Sonderermittler Mueller dagegen im Besitz der Dokumente ist, deute darauf hin, dass dieser das Thema «Behinderung der Justiz» prüfe. Damit hat sich für Trump das Problem vergrössert. Neben der Untersuchung der mutmasslichen Zusammenarbeit mit Russland im Wahlkampf muss sich der Präsident nun auch Obstruktionsvorwürfen erwehren, über die Richard Nixon in der Watergate-Affäre stürzte.
Nicht einmal Trumps eigene Berater können sehen, wie sich Trump mit seinem entrückten Tweet geholfen hat. Analysten wie der Politologe Larry Sabato erkennen im Nachgang zu der Anhörung einen Wettbewerb um Glaubwürdigkeit. Dabei sei der ehemalige FBI-Direktor dem erratischen «Twitterer-in-Chief» klar überlegen. «Die Chancen, dass Comey die Wahrheit sagt und Trump gelogen hat, liegen nahe an 100 Prozent».
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