Trügerische Ruhe
Sion-Präsident Christian Constantin tut so, als wäre nichts gewesen. TV-Experte Rolf Fringer will derweil nach CCs Attacke zur Normalität zurückkehren. Der Vorfall wird sie aber länger begleiten.

Am Mittwochabend nach dem 1:1 im Heimspiel gegen Lausanne sprach Christian Constantin, worüber er bevorzugt redet: seine Trainer. Zu Paolo Tramezzani meinte Sions streitbarer Präsident, es sei nicht die Stunde der Scheidung. Er blieb im Sprachbild, das er vor Wochen selbst kreiert hatte, als er zum «Blick» sagte: «Was ich nun mache, ist, der Braut vor der Scheidung einen Kochkurs zu schenken.» Tramezzani darf vorerst also weiterkochen, so viel ist klar.
Was aber passiert mit Constantin, nachdem er vorletzten Donnerstag den Teleclub-Experten Rolf Fringer mit Händen und Füssen malträtiert hat? Darüber wird seit Tagen spekuliert.
Bis zum Mittwoch konnten die beiden Parteien ihre schriftliche Stellungnahme einreichen, in der Länderspielpause ab nächster Woche dürfte die Disziplinarkommission der Liga den Fall vorantreiben, er wird mit höchster Priorität behandelt. Möglich scheinen eine Geldbusse oder ein Boykott. Dieser würde bedeuten, dass CC während einer festgelegten Zeitspanne administrativ und sportlich ausgeschlossen würde. Er müsste sein Amt als Präsident niederlegen, Mehrheitsaktionär könnte er aber bleiben. Doch wie lange wäre der Boykott gültig – Wochen, Monate, Jahre? Und ist ein solcher überhaupt verhältnismässig?
Renzettis Ärger
Die Protagonisten anderer Klubs halten sich zurück, nur Luganos Präsident Angelo Renzetti wählte im «Blick» deutliche Worte, als er sagte, es müsse nun schnell gehandelt werden. «In so einem dramatischen Fall zeigt es sich, ob die Liga stark ist.» Renzetti hat spätestens seit dem Sommer das Heu nicht auf der gleichen Bühne wie Constantin. Damals warb ihm CC den Trainer ab. Genau: Paolo Tramezzani, der kochen lernen muss.
Lüthis Vorschlag
YB-Sportchef Christoph Spycher wählt ebenfalls klare Worte, nennt Constantins Verhalten «natürlich nicht in Ordnung» und findet, man müsse Sions Chef bestrafen. «Aber das ist Sache der Liga», sagt Spycher. Thuns Präsident Markus Lüthi verurteilt Constantins Handeln auch. Lüthi wünscht sich, dass sich CC und Fringer an einen Tisch setzen, die Sache aussprechen. Er könnte sich zudem eine tiefe sechsstellige Busse für Constantin vorstellen, die in den Nachwuchsfussball fliessen würde. So hätte die leidige Geschichte zumindest auch einen Nutzen. Doch darf die Liga Constantin mit dieser verhältnismässig geringen Strafe davonkommen lassen? Wäre ein solches Verdikt nicht verheerend für die Aussenwirkung?
Der Berner Fürsprecher Walter Rumpf, der vor Gericht auch schon einen YB-Fan mit Stadionverbot verteidigte, wundert sich über das vom Boulevard verlangte Strafmass einer lebenslangen Sperre für Constantin. «Das wäre übertrieben», sagt Rumpf. Er stört sich auch an der Forderung, an Constantin ein Exempel zu statuieren. «Das erinnert mich an längst vergangene Zeiten.» Rumpf hofft, dass sich die Disziplinarkommission nicht von Meinungen beeinflussen lasse. Er kann sich aber vorstellen, dass die Liga in erster Instanz ein scharfes Urteil sprechen, dieses in zweiter Instanz abschwächen werde. Constantin war in anderen Fällen gewillt, sein Recht durch alle Instanzen zu erstreiten. Er wäre es wohl auch diesmal.
Auch strafrechtlich droht Constantin Ärger. Sein Angriff auf Fringer ist kein Kavaliersdelikt, er ist zudem Wiederholungstäter. Dass der 60-Jährige sogleich eine Anzeige gegen Fringer wegen Rufschädigung und Verleumdung eingereicht habe, sei ein Schachzug gewesen, sagt Rumpf. Damit würde er bei allfälliger Anzeige von Fringer vor Gericht eine Pattsituation schaffen. Es müsste vermittelt werden. Für Rumpf ist klar, dass Fringer öffentlich gedemütigt wurde, die psychischen Wunden dürften deutlich tiefer sein als die körperlichen. Der frühere Nationaltrainer will das Urteil der Liga abwarten, bevor er selbst juristische Schritte einleitet.
Fringers Wunsch
Morgen Abend im Zürcher Letzigrund beim Spiel der Grasshoppers gegen den FC Basel steht Rolf Fringer bereits wieder vor den Kameras von Teleclub. Der TV-Experte will zur Normalität zurückkehren. So rasch wird das aber nicht möglich sein.
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