Trojaner im Antiterror-Einsatz
Die Bundeskriminalpolizei sagt, sie habe die umstrittene Spionage- Software in vier Fällen eingesetzt – ausschliesslich in der Terrorismusbekämpfung.

Die Bundeskriminalpolizei habe die umstrittene Spionage-Software in vier Fällen eingesetzt – dreimal in der Terrorismusbekämpfung und einmal gegen organisierte Kriminalität. Das teilte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) auf Anfrage mit. Der Kanton Zürich ging mit einem Trojaner gegen Drogenhändler vor.
Der Einsatz durch die Bundeskriminalpolizei wurde laut EJPD-Sprecher Guido Balmer von der Bundesanwaltschaft angeordnet und vom Bundesstrafgericht genehmigt. Bei diesen Einsätzen sei lediglich verschlüsselte Sprach- und Schriftkommunikation überwacht worden, was nur mit einer solchen Software möglich sei. Die Computer der überwachten Personen seien hingegen nicht durchsucht worden.
«Grosser Fall von Drogenhandel»
Im Kanton Zürich wurde bisher erst einmal ein sogenannter Staatstrojaner eingesetzt. Oberstaatsanwalt Martin Bürgisser bestätigte entsprechende Berichte des Regionaljournals Zürich-Schaffhausen von Schweizer Radio DRS und von 20 Minuten Online. Es handelte sich dabei um einen «grossen Fall von Drogenhandel» im Jahr 2007.
Die Anklagekammer des Obergerichts habe damals den Einsatz der Spionage-Software bewilligt, sagte Bürgisser. In einigen wenigen Fällen sei der Einsatz von Staatstrojanern von Polizei und Staatsanwaltschaft geprüft, aber als unverhältnismässig verworfen worden.
Das Mikrofon wird zur Wanze
Gestern war bekannt geworden, dass auch Schweizer Behörden Spionage-Software derselben Art eingesetzt haben, die in Deutschland derzeit für Schlagzeilen sorgt. Welche Software genau eingesetzt wurde, gibt das EJPD aus Rücksicht auf die Interessen der Strafverfolgung nicht bekannt.
Mit sogenannten Trojanern können etwa die Tastaturanschläge mitgelesen, die Festplatte gescannt oder Computer-Mikrofon in eine Wanze verwandelt werden. In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht deren systematische Anwendung für verfassungswidrig erklärt. Dass verschiedene Bundesländern Trojaner zur Überwachung von Verdächtigen benutzt hatten, löste eine Datenschutz-Affäre aus.
Verbot von «Bundes-Trojanern» gefordert
Ob es in der Schweiz für Spionage-Software eine ausreichende Rechtsgrundlage gibt, ist umstritten. Die Staatsanwaltschaften, welche die Massnahme anordnen, stützen sich auf Artikel 280 der Schweizerischen Strafprozessordnung. Dieser Artikel hält fest, dass die Staatsanwaltschaft «technische Überwachungsgeräte» einsetzen kann, um Gespräche abzuhören oder aufzuzeichnen.
Weil in der Rechtslehre umstritten ist, ob der Artikel als Rechtsgrundlage genügt, hat der Bundesrat im Rahmen der laufenden Revision des Bundesgesetzes über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) vorgeschlagen, eine ausdrückliche Rechtsgrundlage zu schaffen. Dies stiess in der Vernehmlassung auf Kritik. Über das weitere Vorgehen will der Bundesrat noch im laufenden Jahr entscheiden.
Die Rechtskommission des Nationalrats wird an ihrer nächsten Sitzung vom 10./11. November entscheiden, ob sie ein Verbot der umstrittenen Software fordern will. SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) hat einen entsprechenden Antrag für eine Kommissionsmotion eingereicht, welcher der sda vorliegt.
Damit will Leutenegger erreichen, dass der Bundesrat auf die «Bundes-Trojaner» verzichtet, bis die Rechtmässigkeit über die Zulässigkeit dieser Software «einwandfrei geklärt ist». Auch die Kantone sollen darauf verzichten.
SDA/rek
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