Tinder-Date mit Anna Karenina
Die Antiquariatsmesse Zürich sucht das Publikum von morgen. Dazu setzt man auch mal auf die Dating-App Tinder.

Tinder – das ist jene App, über die Sie ein Date finden, vielleicht auch eine Affäre, mit etwas Glück sogar die grosse Liebe. Oder Weltliteratur. Effi, 18, blickt auf ihrem Profilbild keck über die Schulter. Anna, 28, zeigt sich mysteriös nur von hinten. Werther, 26, den Blick in die Ferne gerichtet. Auf einen dieser drei Liebeshungrigen trafen die einen oder anderen Tinder-Nutzerinnen und -Nutzer womöglich in letzter Zeit. Doch wer sind die drei? Und was haben sie mit der Antiquariatsmesse Zürich zu tun?
Die 23. Ausgabe der Messe fand vergangenes Wochenende statt. Dafür hatte der Traditionsanlass von der Agentur Serviceplan Suisse ein neues Erscheinungsbild erhalten. Und eine Werbekampagne auf Tinder. Die Agentur wählte drei der bekanntesten (unglücklich) Verliebten der Weltliteratur aus und erstellte für sie Profile. Theodor Fontanes Effie Briest, Leo Tolstois Anna Karenina und Johann Wolfgang von Goethes Werther – alle drei haben Liaisons, die sie in die gesellschaftliche Ächtung oder den Freitod oder beides führen.
«Junge entdecken die Schönheit des Buches»
Anspielungen auf die literarischen Figuren und ihre Werdegänge fanden sich auch in den betreffenden Tinder-Profilen: Effie Briests Hund Rollo, Werthers Passion fürs Briefeschreiben. Wer bei einem der Profile rechts wischte, sich also auf einen Kontakt einliess, wurde nach einem kurzen Chat auf die Antiquariatsmesse hingewiesen. «Lust auf ein Date mit weiteren spannenden Persönlichkeiten aus der Literatur?»

Doch zeigte die Aktion auch Wirkung? Peter Bichsel, Präsident der Vereinigung der Buchantiquare und Kupferstichhändler in der Schweiz (Vebuku), sagt, es sei natürlich schwierig, dies zu messen. «Wir hatten aber tatsächlich mehr 25- bis 35-jährige Besucher als in anderen Jahren.»
Bei der Vebuku misst man dem neuen, modernen Erscheinungsbild der Antiquariatsmesse denn auch viel Bedeutung bei. «Wir müssen die Buchinteressierten von morgen ansprechen», sagt Peter Bichsel. Und ist überzeugt, dass dies auch gelingen wird. Auch in seinem Antiquariat habe er viele jüngere Kunden; für diese sei die Haptik eines Buches oftmals Kontrast zu den übrigen rein elektronischen Informationsquellen. «Die Generation der Digital Natives entdeckt die Schönheit des Buches – sie nehmen es als etwas Spezielles und Intimeres wahr.»
Beliebt sind laut Peter Bichsel auch bei jüngeren Kunden die grossen Namen der Weltliteratur. Leo Tolstoi etwa. Das ist wenig erstaunlich – schliesslich berührt sie einen auch heute noch, seine tragischverliebte Anna Karenina.
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