Tieflöhne im Detailhandel: SGB sieht nur eine Lösung
47'000 Detailhandelsangestellte verdienen gemäss einer Studie des Gewerkschaftsbundes weniger als 22 Franken pro Stunde. Das stehe in «krassem Gegensatz» zum Vermögen der Eigentümer.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hat vor der Behandlung seiner Mindestlohn-Initiative im Nationalrat erneut Löhne verlangt, die zum Leben reichen. Um die Forderung zu untermauern, hat der SGB die Situation im Detailhandel unter die Lupe genommen.
Im Detailhandel verdienten mehr als 47'000 der insgesamt ungefähr 320'000 Beschäftigten weniger als 22 Franken in der Stunde. Mehr als die Hälfte der Detailhandelsangestellten mit einem Tieflohn habe eine abgeschlossene Berufslehre, hielt der SGB dazu fest.
Lohndiskriminierung als Teil des Problems
Tiefstlöhne im Detailhandel gebe es sowohl in Städten als auch auf dem Land, sagte Vania Alleva, Co-Präsidentin der Gewerkschaft Unia, laut ihrem Redetext. In krassem Gegensatz dazu stünden «riesige Vermögen» vieler Eigentümer in der Branche. Der Detailhandel könne sich anständige Löhne leisten.
Schlecht bezahlt werden viele Frauen – 16 Prozent der weiblichen Detailhandelsangestellten erhalten weniger als 22 Franken in der Stunde. «Ein beträchtlicher Teil dieses Tieflohnproblems dürfte auf die Lohndiskriminierung von Frauen gegenüber Männern zurückzuführen sein», liess sich SGB-Chefökonom Daniel Lampart im Communiqué zitieren.
In den Augen des SGB genügt die Sozialpartnerschaft nicht, um die Probleme mit Tiefstlöhnen zu beheben. Die zersplitterten Verbände und die Arbeitgeber hätten sich bisher meist geweigert, mit Gesamtarbeitsverträgen (GAV) die Arbeitsbedingungen zu verbessern oder im Betrieb respektive in der Branche Mindestlöhne auszuhandeln.
Nationalratskommission beantragt Ablehnung
Nach den Berechnungen des SGB ist die Produktivität im Detailhandel zwischen 1998 und 2010 um 22,9 Prozent gestiegen. Profitiert hätten die Kundinnen und Kunden und vor allem die Detailhändler selbst, nicht aber die Angestellten, macht er geltend. Deren Medianlohn sei im selben Zeitraum um lediglich 16,9 Prozent gestiegen.
Der SGB verlangt mit seiner Volksinitiative «für den Schutz fairer Löhne» die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Vorläufig soll dieser 22 Franken pro Stunde respektive 4000 Franken pro Monat betragen. Bund und Kantone sollen dazu verpflichtet werden, die Festlegung von GAV zum Schutz der Löhne zu unterstützen.
Die Mindestlohn-Initiative wird voraussichtlich 2014 dem Volk vorgelegt. Der Ständerat empfiehlt sie ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Und auch die Wirtschaftskommission des Nationalrates beantragt der grossen Kammer, das Volksbegehren abzulehnen.
Mehrheit für Mindestlohn
In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von SGB und Unia fand ein gesetzlich verankerter Mindestlohn Unterstützung. 74 Prozent der Befragten waren «voll und ganz» respektive «eher dafür», dass es in der Schweiz einen vorgeschriebenen Mindestlohn von 4000 Franken im Monat geben soll, wie der SGB mitteilte.
23 Prozent waren «voll und ganz» oder «eher» dagegen, und 3 Prozent der Befragten machten keine Aussage. Frauen, 15- bis 29-Jährige und Menschen in der Westschweiz befürworteten den Mindestlohn öfter als Männer, obere Altersgruppen und Befragte in der Deutschschweiz.
Das Meinungsforschungsinstitut Link befragte 1007 Personen in der Deutschschweiz und der Westschweiz im Alter von 15 bis 74 Jahren. Die Fehlertoleranz liegt bei plus-minus 3,2 Prozent.
SDA/rbi
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