Thun verschärft Regeln für Strassenkünstler
Nur mit Hut, Instrumentenkasten und Tagespass: Wer in der Thuner Innenstadt musizieren will, muss ab Oktober mehrere Vorschriften beachten.

An manchen Tagen beleben Musikstudentinnen die Thuner Innenstadt mit virtuosen Mozartmelodien oder hüpfen und singen Schotten im Rock und mit Kniestrümpfen auf ihrer Durchreise zu den Melodien aus dem Dudelsack. Doch ebenso oft oder sogar noch mehr verärgern bettelnde Strassenmusikanten sowohl Passanten wie auch Geschäftsleute.
Insbesondere dann, wenn sie mit Pseudoinstrumenten irgendwelche Akkorde und Refrains endlos wiederholen – und womöglich nach dreissig Minuten nur hundert Meter weiter entfernt dieselben noch immer gut hörbar wieder abspielen.Da wegen kultureller Kleinproduktionen – insbesondere der Strassenmusik in der Innenstadt – bei der Stadt regelmässig Klagen eingehen, hat der Gemeinderat nun reagiert.
Noch sind die Regeln in einem Merkblatt festgehalten, doch nun kommt der Gemeinderat den Forderungen nach und verschärft die Regeln mit einer neuen Verordnung. «Sie bietet der Stadt künftig die Möglichkeit für rechtliche Massnahmen», ergänzt Gemeinderat Peter Siegenthaler auf Anfrage die Medienmitteilung der Stadt vom Montag. Die Verordnung tritt am 1. Oktober in Kraft.
200 statt 100 Meter Distanz
Eine Änderung ist der Abstand. Wenn die Strassenmusiker ihren Standort wechseln, müssen sie künftig mindestens 200 statt 100 Meter Distanz zum vorigen einhalten. Kleinproduktionen bleiben bewilligungsfrei, wenn sie von höchstens zwei Personen dargeboten werden (bisher acht).
Oder auch, wenn sie auf die Möglichkeit zum Geldspenden lediglich durch Hinstellen eines Hutes, eines Instrumentenkastens oder Ähnliches aufmerksam machen, keine Verstärkeranlagen verwenden und weder Tonträger noch andere Artikel verkaufen.
Für Darbietungen müssen neu beim Polizeiinspektorat kostenlose Tageskarten bezogen werden. Pro Tag werden höchstens drei ausgestellt. Erfüllt eine Darbietung die erwähnten Voraussetzungen nicht oder ist keine Tageskarte mehr verfügbar, muss beim Polizeiinspektorat eine Bewilligung beantragt werden.
Bettelbanden, die musizieren
«Geschäftsleute, Anwohnerinnen und Passanten fühlen sich durch die Musik insbesondere dann gestört, wenn sich mehrere Musikgruppen gleichzeitig in der Innenstadt aufhalten», schreibt die Stadt in ihrer Mitteilung.
Zudem würden Lautstärke und Qualität des Dargebotenen bemängelt. «Anlass zu Reklamationen geben einerseits mehrköpfige Musikgruppen, die zudem laut auf Holzkisten schlagen, und andererseits die Bettler, die als Strassenmusikanten organisiert in die Stadt gebracht und am Abend wieder abgeholt werden», sagt Reto Keller, Abteilungsleiter Sicherheit.
Meistens seien diese nicht in der Lage, nur ein einziges Stück fehlerfrei zu spielen. Aber nicht nur Geschäftsleute in der Innenstadt würden reklamieren, sondern auch Berufsleute. «Um ihre Arbeit wie etwa einen Hörtest durchzuführen oder überhaupt um den Lärm zu verringern, müssen sie an solchen Tagen oft die Fenster geschlossen halten», nennt Keller Beispiele. Und: «Auch die Gewerbepolizisten müssen sich immer wieder mit Lärmklagen auf der Strasse auseinandersetzen.»
Das Thema ist ein immer wiederkehrendes Problem. So hatte etwa die SVP-Fraktion 2012 ein Postulat «Regelung der Spielzeiten von Strassenmusikanten» eingereicht. 2014 folgte eine Petition der Innenstadtgenossenschaft Thun (IGT) mit 770 Unterschriften. «Und im vergangenen Februar», ergänzt Reto Keller, «gab es eine schriftliche Eingabe von einem Geschäftsinhaber.»
Zuerst im Gespräch lösen
Mit der Verordnung können die Mitarbeitenden des Polizeiinspektorats ab Oktober, wenn etwa die Ruhezeiten oder die Auflagen verletzt werden, eine Kleinproduktion abbrechen und die Tageskarte einziehen.
Dasselbe gilt, wenn eine Kleinproduktion die minimalen Qualitätsanforderungen offensichtlich nicht erfüllt. «Die Strassenmusik ist natürlich nicht das grösste Problem der Stadt», betont Peter Siegenthaler, «aber für die Geschäftsleute ist es seit längerem ein unzumutbarer Zustand.» Jetzt nehme der Gemeinderat ihre Sorgen ernst und handle.
«Für die Stadt besteht zwar mit der neuen Verordnung die Möglichkeit für rechtliche Strafmassnahmen», sagt der Polizeivorsteher, «trotzdem wollen wir aber auch in Zukunft jeweils zuerst versuchen, das Problem im Gespräch vor Ort zu lösen.»
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