Therapie statt Gefängnis für Angreifer von Schlatter
Der Hobby-Kampfsportler, der den Schweizer Komiker am Bahnhof Meilen bewusstlos schlug, ist nicht schuldfähig.
Der 42-jährige Mann, der im März 2015 den Komiker Beat Schlatter attackierte und schwer verletzte, ist vom Bezirksgericht Meilen schuldig gesprochen worden. Ins Gefängnis muss er aber nicht. Wegen einer psychischen Störung ist er nicht schuldfähig.
Das Gericht verhängte für den Italiener eine ambulante Therapie gegen seine schizoaffektive Störung. Zu dieser Behandlung gehören nicht nur Gespräche beim Psychiater, sondern auch eine alle vier Wochen verabreichte Depotspritze mit Neuroleptika. Diese wirken gegen Wahnvorstellungen und Verfolgungsangst.
«Fühle mich nicht gefährlich»
Beim Prozessbeginn im März hatte der Beschuldigte ausgesagt, er habe Beat Schlatter für einen «bösen Mann» gehalten. «Ich war krank und wusste es nicht», sagte der Angreifer am Dienstag vor Gericht. Es tue ihm wirklich sehr leid. Heute sei er aber auf einem guten Weg. «Ich fühle mich nicht mehr gefährlich», sagte er mit einem Lachen.
Leben wird der Kellner bis auf weiteres in einer begleiteten Wohngruppe. Dort ist er bereits seit einigen Monaten untergebracht und macht Fortschritte. Er sei freundlich und halte sich an die Abmachungen, sagte ein Heimverantwortlicher vor Gericht.
Seit Mai arbeitet der Beschuldigte auch wieder als Kellner wie früher. Allerdings noch nicht im freien Markt, sondern in einem Wiedereingliederungsprojekt für 5 Franken die Stunde. Daneben betreibt er Qigong, eine chinesische Form der Meditation.
Medikament heimlich abgesetzt
Dem Staatsanwalt war die ambulante Therapie zu weich. Er beantragte, den Angreifer in eine psychiatrische Klinik einzuweisen und dort zu therapieren. Beim Prozessbeginn im März war zwar auch er noch der Meinung, eine ambulante Therapie sei ausreichend. In der Zwischenzeit änderte er seine Meinung jedoch.
Auslöser war, dass der Italiener auf eigene Faust ein Medikament abgesetzt hatte. Statt die Tabletten gegen Stimmungsschwankungen zu schlucken, versteckte er sie unter der Zunge und spuckte sie aus. Einer der Gründe dafür war, dass er wegen der Pillen zunahm, wie er sagte.
Nicht das einzige Opfer
Die Richterin beliess es trotz heimlicher Medikamentenabsetzung bei einer ambulanten Therapie – warnte aber den Beschuldigten. Die Therapie dauere Jahre, und allenfalls werde es in dieser Zeit notwendig, dass er das zweite Medikament wieder nehme und mit den Nebenwirkungen lebe. «Wenn Sie das nicht tun, hat das Folgen.»
Auch von Drogen muss der Angreifer künftig die Finger lassen. Er muss regelmässig Urinproben abgeben. In den vergangenen Monaten hatte er noch vereinzelte Ausreisser mit Kokain und Marihuana.
Im März 2015 attackierte der Kellner ihm Wahn einen Passanten, schlug ihn bewusstlos und versetzte ihm mehrere Fusstritte gegen Kopf und Oberkörper. Wenige Tage später stellte sich heraus, dass es sich beim Verprügelten um Beat Schlatter handelte – und dass der Komiker nicht das einzige Opfer war. Einige Tage zuvor hatte der Hobby-Kampfsportler bereits zwei andere Passanten angegriffen.
SDA/ij
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