Tests zeigen: Schwemmholz-Rechen in der Zulg wirkt
Für mehrere Tests baute die Hochschule für Technik einen Teil der Zulg nach. Es zeigte sich, dass ein Holzrückhalterechen Steffisburg effektiv vor Schwemmholz schützen könnte.
Der Flusslauf der Zulg im Gebiet Zulgboden existiert derzeit doppelt – zum einen in echt, oberhalb der Siedlungsgrenze von Steffisburg, zum anderen in einem unscheinbaren Industriequartier in Rapperswil-Jona.
Dort, am Institut für Bau und Umwelt (IBU) der Hochschule für Technik, ist der genannte Flussabschnitt im letzten Jahr im Massstab 1:45 originalgetreu nachgebaut worden.
Der Grosse Gemeinderat hatte im April 2016 Geld für einen Modellversuch mit Holzrückhalterechen genehmigt (siehe auch Kasten), der Aufschluss über einen verbesserten Hochwasserschutz liefern soll. Kürzlich hat eine Gruppe von Steffisburger Parlamentariern und Behördenmitgliedern das Modell nun vor Ort unter die Lupe genommen.
Die Ausgangslage
Dass die Zulg in ihrem Einzugsgebiet und auch weiter flussabwärts in Richtung Bern beträchtlichen Schaden anrichten kann, ist bekannt. Die letzten grossen Ereignisse datieren aus den Jahren 2005, 2012 und 2015.
«Im Berner Mattequartier wurden damals, nach starken Gewittern im Zulgtal, jeweils zwischen 500 und 800 Kubikmeter Holz aus der Aare gefischt», weiss der Abteilungsleiter Tiefbau/Umwelt der Gemeinde Steffisburg, Martin Deiss.
Im Dorf selbst sind die in den Wassermassen mitgeführten Baumstämme besonders bei Brücken ein Problem. «Wenn sich Stämme oder ganze ‹Stamm-Teppiche› an den Brücken verfangen und die Wassermassen blockieren, kann es rasch zu Überschwemmungen kommen», so Deiss. Holzrückhalterechen sollen die Stämme daher stoppen, bevor sie überhaupt ins Siedlungsgebiet gelangen.

Das Ingenieurbüro Herzog, das massgeblich am Modellversuch beteiligt war, hat berechnet, dass sich im Böschungsbereich des gesamten Flusslaufs vom Eriz bis hin zum Zulgspitz 355 000 Kubikmeter Holz befinden – ein beträchtliches Schadenpotenzial.
«Bei einem Jahrhundertereignis könnten auf einmal bis zu 2000 Kubikmeter ins Tal donnern», sagt Deiss. «Der Rechen sollte 60 bis 80 Prozent dieser Menge Holz zurückhalten.»
«Bei einem Jahrhundertereignis könnten auf einmal bis zu 2000 Kubikmeter ins Tal donnern.»
Der Versuch
Die Erfahrungswerte der letzten Hochwasser in Steffisburg sind in die Versuchsreihe in Rapperswil-Jona eingeflossen. Insgesamt haben Jürg Speerli, Leiter Fachstelle Wasserbau beim IBU, und Projektleiter Severin Lees auf dem nachgebauten Abschnitt der Zulg sechs verschiedene Rechensysteme getestet.
Gemessen wurden unter anderem die Abflussmengen, die Fliessgeschwindigkeit und die Quote der zurückgehaltenen Stämme. Letztere wurden im Versuch durch farbige, massstabgetreue Holzklötzchen simuliert. Hochgerechnet auf die Originalgrösse testeten die Mitarbeiter des IBU mit einer Schwemmholzmenge von 1200 Kubikmetern.
Die einzelnen Auffangstäbe der Rechen, die im Gelände dereinst aus Stahl und Beton gefertigt und zusätzlich mit Stahlseilen miteinander verbunden sein werden, postierten Speerli und Lees in einer Variante zweieinhalb Meter auseinander, in der anderen Variante fünf Meter auseinander.
«Es hat sich gezeigt, dass ein Abstand von fünf Metern zwischen den Stäben ideal ist», sagte Jürg Speerli. Das mag im ersten Moment erstaunen. Doch der Institutsleiter hielt fest, dass es nicht das Ziel des Rechens sei, sämtliche einzelnen Baumstämme zurückzuhalten.
«Gefährlich sind vor allem ‹Teppiche› von mehreren ineinander verkeilten Bäumen. Hingegen muss anderes Geschiebe und Geröll die Stelle passieren können.» Der Rechen sei nicht zu verwechseln mit einem Geschiebesammler.
«Es hat sich gezeigt, dass ein Abstand von fünf Metern zwischen den Stäben ideal ist.»
Das Resultat
Als effizientestes System in der Versuchsreihe hat sich jenes mit einem V-förmigen Rechen und einem darauf folgenden Parallelrechen entpuppt. «Mit dieser Anordnung konnten wir im Versuch 87 Prozent des Holzes zurückhalten», schilderte Severin Lees.
Obschon der zweite Rechen parallel zum Flusslauf steht, ist der Wirkungsgrad hoch. Dies liegt daran, dass die Zulg an der entsprechenden Stelle eine leichte Kurve macht und die Stämme so direkt in den Rechen gespült werden, wie der Augenschein vor Ort zeigte. Das untere Ende des Rechens läuft direkt ans Flussufer; das Schwemmholz bleibt wie vorgesehen in der Rückhaltevorrichtung hängen.
«Mit dieser Anordnung konnten wir im Versuch 87 Prozent des Holzes zurückhalten.»
Die offenen Fragen
Die Gäste aus Steffisburg zeigten sich vom Modellversuch beeindruckt und stellten interessiert Fragen – etwa, ob sich solche Rechen andernorts bereits bewährt hätten. Speerli bejahte: «Nach Unwettern Ende der 90er-Jahre wurde in Sachseln in der Innerschweiz ein ähnliches System installiert.
Es verhinderte 2005 bei einem Unwetter schlimmere Schäden.» Eine weitere Frage betraf den Unterhalt des Rechens und das Wegräumen des Schwemmholzes. Tiefbauleiter Deiss erklärte, dass hierfür grundsätzlich die Gemeinde zuständig sein werde. Der Standort des Rechens werde für den Abtransport mit Lastern erreichbar sein.
Als Nächstes geht das Projekt laut Projektleiterin Beatrice Herzog vom Ingenieurbüro Herzog nun in die öffentliche Auflage. Bis die kantonale Baudirektion die Genehmigung erteilt sowie Bund und Kanton die entsprechenden Kredite gesprochen haben, dauert es voraussichtlich noch rund ein Jahr.
Anschliessend müsste das Steffisburger Stimmvolk über den Gesamtkredit, der laut Martin Deiss rund 11 Millionen Franken betragen wird (Längsvernetzung Zulg und Holzrückhalterechen), befinden. Baustart wäre somit frühestens 2019.
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