Tempo 30 auch auf Haupt- und Durchgangsstrassen
Tempo-30-Zonen sind auch auf Haupt- und Durchgangsstrassen zulässig. «Hoch erfreut» hat der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) auf das Bundesgerichtsurteil in Münsingen reagiert.

Das Bundesgericht hat die im Ortszentrum von Münsingen geplante Verkehrsmassnahme in einem Grundsatzurteil abgesegnet und die Beschwerde des Touring Club Schweiz (TCS) abgewiesen.
Durch das Ortszentrum von Münsingen rollen täglich bis zu 20'000 Fahrzeuge. Um den Verkehrsfluss vor allem auf der Achse Bern- Münsigen-Thun zu verbessern, soll die Bernstrasse teilweise in die Tempo-30-Zone miteinbezogen werden. Gegen den entsprechenden Bauentscheid des Kantons rekurrierte der TCS.
Volkswille nicht umgangen
In letzter Instanz hat nun das Bundesgericht das Vorhaben abgesegnet, die Beschwerde des TCS abgewiesen und damit den Entscheid des Berner Verwaltungsgerichts bestätigt. Die Richter in Lausanne kommen in ihren Urteil zum Schluss, dass Tempo-30-Zonen grundsätzlich auch auf Hauptstrassen zulässig sind.
Nichts anderes gelte für solche Hauptstrassen, die wie die Bernstrasse als Durchgangsstrasse bezeichnet seien. Gemäss Urteil ist gesetzlich einzig vorgeschrieben, dass der Verkehr auf Durchgangsstrassen nicht vollständig untersagt werden darf.
Signalisierte Verkehrsanordnungen, wie die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h, blieben indessen ausdrücklich vorbehalten. Entgegen der Ansicht des TCS werde mit dieser Auffassung auch der Volkswille nicht umgangen, wie er sich mit der Ablehnung der «Tempo-30-Initiative» manifestiert habe.
Hauptstrassen-Vortritt bleibt
Die 2001 verworfene Initiative hatte innerorts Tempo-30 als die Regel vorgesehen und höhere Geschwindigkeiten als die Ausnahme. Laut Gericht geht die geltende Ordnung gerade vom gegenteiligen Konzept aus. Im übrigen werde im vorliegenden Fall das Tempo nicht flächendeckend auf dem ganzen Innerortsgebiet auf 30 herabgesetzt.
Gemäss Urteil geht zudem auch das Bundesamt für Strassen (ASTRA) nicht davon aus, dass Tempo 30 auf Hauptstrassen generell unzulässig wäre. Entgegen der Ansicht des TCS führe der Einbezug von Haupt- bzw. Kantonsstrassen in Tempo-30-Zonen auch nicht dazu, dass dort zwingend Rechtsvortritt eingeführt werden müsste.
Wenn die Verkehrssicherheit es erfordere, könne auch in Tempo-30- Zonen die für Hauptstrassen geltende Vortrittsregelung beibehalten werden. Schliesslich sei auch das Gutachten nicht zu beanstanden, das für die Einführung von Geschwindigkeitsreduktionen zwingend erstellt werden muss.
Querungszonen statt Fussgängerstreifen
Dieses kommt zum Schluss, dass die Herabsetzung des Maximaltempos von 50 km/h auf 30 km/h den Verkehrsfluss in Münsingen verbessert. Gemäss dem Betriebskonzept ist dies im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass Fussgängerstreifen durch Querungszonen ersetzt werden können, auf denen Fussgänger keinen Vortritt haben.
Die Fussgänger können so die Zeitlücken zwischen den Fahrzeugen ausnutzten. Dadurch kann insbesondere «Stop-and- Go-Fahrverhalten» vermieden werden, welches Stau verursacht und den öffentlichen Verkehr behindert. Laut Bundesgericht sind diese im Gutachten angestellten Überlegungen nachvollziehbar. (Urteil 1C_17/2010 vom 8.9.2010; BGE-Publikation)
Positive Reaktion
«Hoch erfreut» hat der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) auf das Bundesgerichtsurteil zur Tempo-30-Zone in Münsingen reagiert. Das höchste Gericht gebe so grünes Licht für ein zukunftsweisendes Modell, das die Verkehrssicherheit verbessern werde.
«Noch vor 10 oder 15 Jahren war Tempo 30 auf einer Hauptstrasse ein Tabu», schreibt der VCS in einem Communiqué vom Freitag. Heute setze sich immer mehr die Einsicht durch, dass Tempo 30 in Ortszentren allen Verkehrsteilnehmern - auch den Autofahrern - nur Vorteile bringe.
Das zeige das Beispiel von Köniz, wo seit 2004 auf der Hauptverkehrsachse eine 300 Meter lange Tempo-30-Zone bestehe. «Autofahrer sind hier langsamer unterwegs, beachten den Fuss- und Veloverkehr mehr und kommunizieren besser.» Damit werde die Lebensqualität im öffentlichen Raum erhöht.
Noch vor neun Jahren sei der VCS mit seiner Tempo-30-Initiative gescheitert. Doch «steter Tropfen höhlt den Stein», stellt der VCS nach dem Urteil aus Lausanne befriedigt fest.
SDA/vh
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