Tellspiele: Peter Wenger tritt als Präsident zurück
Zehn Jahre führte Peter Wenger den Verein Tellspiele Interlaken: Nun tritt er ab. Ein Hagelsturm war der Tiefpunkt seiner Amtszeit und führte doch zu einem Fortschritt.
2001 begann Peter Wenger seine Tellspiele-Karriere als Friedrich Schiller. «Die damalige Regisseurin Monika Wild führte die Figur als Erzähler, als roten Faden durch die Vorstellung, ein», erklärt Wenger. «Ich war die Zweitbesetzung, wie ich während meiner ganzen Tellspiele-Zeit die Zwei am Rücken hatte», meint er und lacht.
Dies zumindest auf der Bühne: In den nächsten Jahren gab er den Werner Stauffacher, den Walter Fürst und zuletzt den Heinrich von der Halden – immer als Zweitbesetzung. Vom pompösen Dichterfürsten zum geblendeten, alten Bettler.
Immer wieder ausgeholfen
Schon 2002 sprang Wenger als Marketing- und Medienchef ein und wurde in den Vorstand gewählt. Und als 2007 der damalige Präsident gesundheitsbedingt ausfiel, half Wenger, inzwischen Vizepräsident, wieder aus und führte den Verein ad interim. 2009 wurde er zum neuen Präsidenten gewählt. Doch nun ist Schluss.
«Zehn Jahre als Präsident reichen.»
«Zehn Jahre als Präsident reichen», erklärt Wenger. Das Beziehungsnetz – und dieses sei wichtig für einen Präsidenten – verkleinere sich. «Ich bin froh, dass wir jemanden gefunden haben.» Das sei nicht selbstverständlich. «Gerade für einen Berufstätigen ist der Aufwand des Amtes sehr gross.»
Tiefschlag und Startschuss
Wenger schaut gern auf seine Zeit bei den Tellspielen zurück. «Es ist ein sehr lebendiger Verein», erklärt er. «Es ist wie eine Familie, die sich um den grossen Tisch versammelt. Man hört einander zu und hilft Probleme lösen, die es zwangsläufig gibt, wenn rund 200 Personen von Februar bis August so eng zusammen sind.»
Man müsse wissen, dass die Tellspiele in dieser Zeitspanne die Agenda der Beteiligten beherrschten. Zu den 20 Vorstellungen kommen noch 50 Probeabende. «Pro Vorstellung gibt es 20 Franken Gage und pro Probe einen Fünfliber.»
Der Tiefschlag in Wengers Tellspiele-Zeit habe sich am 19. Juli 2007 ereignet: ein Hagelsturm. «Dieser war katastrophal, alle Vorzelte wurden zerstört.» Doch in diesem Moment habe sich auch die Stärke des Vereins gezeigt. «Um 19 Uhr war der Hagel vorbei, um 20.10 Uhr – mit 10 Minuten Verspätung – begann die Vorstellung.»
Nach diesem Ereignis sei man über die Bücher gegangen. «Uns war klar, dass etwas im Bereich Infrastruktur gehen muss. Und zwar in den nächsten fünf Jahren.» Dann stand das 100-Jahr-Jubiläum an. «Neue Zelte konnten nicht die Lösung sein, wir wollten etwas Dauerhaftes schaffen.»
Finanzen als Knacknuss
2009 wurden die ersten Studien erarbeitet, und 2011 war das von der Unterseener Marti Atelier AG erstellte Projekt so weit, dass eine Baubewilligung beantragt werden konnte. 3 Millionen Franken investierten die Tellspiele in den Umbau des Areals. «Das ist sehr viel Geld für den Verein.»
Über 700'000 Franken schoss die öffentliche Hand ein, darunter waren auch Beiträge der Gemeinden Interlaken, Matten und Unterseen von je 100'000 Franken. Dazu kam ein zinsloses Darlehen des Kantons Bern von 700'000 Franken. «Den Rest finanzierte der Verein selbst.»
Überhaupt finanzierten sich die Tellspiele bisher selbst. «Die Einnahmen aus den Eintritten decken den Betrieb.» Ob das in Zukunft noch so sein wird, weiss Wenger nicht. «Vielleicht waren wir manchmal zu stolz und streckten uns nach der Decke, statt Beiträge zu beantragen.»
«Aus dem deutschsprachigen Raum kommen immer weniger Touristen, und eigentlich wurden die Tellspiele genau für diese Touristen gegründet.»
Rosig sieht die finanzielle Zukunft nicht aus: Die Tellspiele kämpfen mit einem Zuschauerrückgang. Im Jubiläumsjahr besuchten 40'000 Personen das Freilichttheater. «Im Schnitt rechnen wir mit 20'000 bis 25'000 Besuchern pro Saison.» 2016 waren es 19'000. Dies, obwohl es sich um eine Neuinszenierung handelte, die normalerweise mehr Zuschauer anlockt.
Als möglichen Grund für den Rückgang nennt Wenger das veränderte Gästeaufkommen. «Aus dem deutschsprachigen Raum kommen immer weniger Touristen, und eigentlich wurden die Tellspiele genau für diese Touristen gegründet.» Auch Schulen würden seltener kommen. «Vielleicht weil der Unterricht andere Schwerpunkte setzt, aber auch weil Geld gespart werden muss.»
Packages und Areal
Der Verein wolle den Schulen nun Packages anbieten – etwa in Kombination mit einem Ausflug auf die Schynige Platte. Weiter wolle man sich auf den Schweizer Markt fokussieren. Entsprechend mache auch die Inszenierung in Mundart Sinn, wie sie der aktuelle Regisseur Ueli Bichsel realisierte. Wenger sieht darin kein Frevel an Schillers Werk, sondern vielmehr eine Einstiegshilfe.
«Bei den Besuchern kam die Neuinszenierung sehr gut an. Ich hoffe, dass nun die Mundpropaganda wirkt.» Ein weiterer Punkt dazu, die finanzielle Gesundheit zu sichern, sei eine verbesserte Ausnutzung des Areals. «Dieses bietet noch viel Potenzial. Hier ist der neue Vorstand gefragt.»
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