Sunniten und Schiiten: Trump als Brandbeschleuniger
Nahostkorrespondent Michael Wrase über den Terror in Teheran.
Es ist mitunter der sprichwörtliche letzte Strohhalm, der dem Kamel den Rücken bricht. Ob dieser «Strohhalm» nun die Terroristen des sogenannten Islamischen Staats waren, die gestern in Teheran das Parlament und das Khomeini-Mausoleum überfielen, bleibt abzuwarten. Viel fehlt allerdings nicht mehr, bis sich der «kalte Krieg» zwischen dem sunnitisch-wahhabitischen Saudiarabien und dem schiitischen Iran zu einer militärischen Schlacht zwischen den beiden Regionalmächten entwickelt.
Für Teheran ist der IS ein Geschöpf der Saudis. Auch wenn die Terrormiliz nicht direkt von Riad unterstützt wird, befinden sich die ideologischen Wurzeln der Jihadisten in dem Wüstenkönigreich. Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass der saudische Grossmufti Abdul Aziz al-Sheikh Schiiten als Abtrünnige vom wahren Glauben bezeichnete – und mit diesem Verdikt deren Tötung legitimierte.
Im Westen wurde dieser unglaubliche Ausfall kaum zur Kenntnis genommen. Entsetzt müssen wir nun feststellen, dass die Vereinigten Staaten im Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten ungeniert als Brandbeschleuniger agieren. Nach der Unterzeichnung eines milliardenschweren Waffendeals gab Donald Trump den Saudis grünes Licht dafür, ihre Rechnungen mit Katar und dem benachbarten Iran zu begleichen.
Über die katastrophalen Folgen seines Handelns scheint sich der amerikanische Präsident nicht im Klaren zu sein. Es ist daher die Aufgabe der Europäer, mit vereinten Kräften den endgültigen Bruch des Kamelrückens zu verhindern. Im Morgenland muss sich Europa für den Weg der Diplomatie entscheiden. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten könnten Deutschland und die Europäische Union sowohl auf Saudiarabien als auch auf den Iran mässigend einwirken. Eine weitere Eskalation würde lediglich den Terroristen vom Islamischen Staat in die Karten spielen.
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