Streaming-Tipp «Die Wespe»Stoischer Sexismus
Die Comedy-Serie erzählt von einer bislang sträflich vernachlässigten Menschenspezies: Darts-Profis.

Mit dem Darts-Spielen, sagt einer der vielen weisen Darts-Philosophen in dieser Serie, sei es wie mit dem Sex: «Wenn du's een mal selber jemacht hast, reicht zukieken einfach nich' mehr».
«Die Wespe» spielt im Berlin der Gegenwart, was man aber manchmal vergisst, weil die Welt der abgehalfterten, ehemaligen Darts-Profis, um die es hier geht, mit dem Adjektiv anachronistisch noch recht vorsichtig beschrieben ist. Der Held der Serie, Eddie Frotzke (Florian Lukas), war zweimaliger deutscher Dartsmeister. Und zwar 1997 und 1999. Das hat ihm einst den Spitznamen «Die Wespe» eingebracht.
Aber seitdem ist in seinem Leben nicht mehr viel passiert. Genauer gesagt ist seitdem überhaupt nichts mehr passiert. Eddie pflegt mit seinen Zigaretten, seinem Schnurrbart, seinen Jogginghosen, seiner Handyverweigerung und seinem stoischen Sexismus ein Mittneunziger-Proletendasein, zu dessen Krönung eigentlich nur noch ein anständiger deutscher Schrebergarten fehlt. Und den bekommt er in den ersten Folgen auch.
Denn seine Frau, die Sonnenstudiobetreiberin Manu (Lisa Wagner), hat keinen Bock mehr auf ihren Loser-Gatten. Keinen Tag will sie mehr ertragen, an dem Eddie sich in der Garage versteckt und behauptet, er würde trainieren, aber doch nur den nächsten Pilskasten leert. Sie gesteht ihm eine Affäre und schmeisst ihn aus der gemeinsamen Wohnung. Daraufhin zieht Eddie zu seinem Kumpel Nobbe in dessen Schrebergartenlaube. Nobbe ist auch ein ehemaliger Darts-Star im Ruhestand. Sein Alkoholismus ist aber schon eher Post-Pils, er schreckt auch vor Eddies Rasierwasser nicht zurück, um sich morgens den Tag schönzutrinken.
Dafür ist Florian Lukas auch genau die richtige Besetzung. Er meistert den Spagat zwischen Vollproll und Sympathieträger grossartig. Natürlich ist der Dartssport für den Grossteil des Publikums auf der Adrenalinskala vermutlich irgendwo zwischen Curling und Schach angesiedelt. Aber dass Sportserien meist dann am besten funktionieren, wenn der Sport eine Nebensache bleibt, hat zuletzt ja schon die schöne Fussballserie «Ted Lasso» bei Apple TV+ bewiesen.
Bei «Ted Lasso» verlassen sich die Macher allerdings ein bisschen weniger auf die Skurrilität ihrer Protagonisten, um die Gagquote hochzuhalten. Aber nur schon für die ein oder andere perfekt getimte Slapstickeinlage lohnt sich «Die Wespe» durchaus. Immer dann zum Beispiel, wenn ein Dartspfeil nicht dort landet, wo er sollte.
«Die Wespe», sechs Folgen, bei Sky.
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