Stellenausbau statt Steuersenkung
Die Jahresrechnung 2017 der Stadt Bern schliesst mit einem Überschuss von 67 Millionen Franken ab. Nun will der Gemeinderat 56 neue Stellen schaffen. Das sorgt für Widerspruch.

Es die ewige Streitfrage: Was ist zu tun, wenn ein Staatshaushalt einen Überschuss ausweist? Die Rechte fordert jeweils eine Steuersenkung, die Linke einen Staatsausbau. Genauso läuft es in der Stadt Bern. Der städtische Finanzdirektor Michael Aebersold (SP) konnte gestern einen «satten» Überschuss von 67,3 Millionen Franken präsentieren. Budgetiert war ein solcher von 10,5 Millionen.
Wie jeder Finanzdirektor gab auch Aebersold den Warner. Die brummende Weltwirtschaft und Sondereffekte seien für das gute Ergebnis verantwortlich, sagte er. Und er warnte vor dem Schluss, dass die Stadt nun jedes Jahr solche Überschüsse erzielen werde. Für das Jahr 2019 sei nur ein ausgeglichenes Ergebnis budgetiert, betonte er.
Absage an Steuersenkung
Wie zu erwarten war, forderten die SVP und die FDP sofort eine Steuersenkung. Und ebenfalls absehbar war, dass Aebersold diesen Forderungen eine Absage erteilen würde: «Die Stadt will in den nächsten Jahren eine Milliarde in die Sanierung von Frei- und Hallenbädern sowie von Schulhäusern investieren», betonte er. Wenn sie eine Neuverschuldung vermeiden wolle, dann müsse sie dafür Überschüsse erzielen.
Deshalb habe der Gemeinderat entschieden, 45,8 Millionen Franken in den Reservetopf für Schulhausrenovationen einzuschiessen. Dieser ist nun mit dem Maximalbetrag von 100 Millionen geäufnet. Und in den Spezialfinanzierungsfonds für Eis- und Wasseranlagen will die Stadtregierung 21,5 Millionen Franken einschiessen. Dieser ist nun mit 63,9 Millionen gefüllt.
56 neue Stellen geplant
Doch der rot-grüne Gemeinderat würde nicht auf Parteilinie politisieren, wenn er die gute Lage nicht auch dafür nutzen würde, die Staatsausgaben zu erhöhen. Quasi beiläufig präsentierte Aebersold einen Finanzplan, der es in sich hat. Die Stadtregierung will bis zum Jahr 2019 insgesamt 56 neue Stellen schaffen. Laut Aebersold braucht es 21 Stellen, damit die Verwaltung das angestrebte Wachstum der Stadtbevölkerung bewältigen kann. So will die Stadt bei der Stadtplanung, im Tiefbauamt und bei der Verkehrsplanung zusätzliche Stellen schaffen. Zudem will der Gemeinderat 20 Stellen schaffen, um die rot-grünen Legislaturziele zu erreichen.
Widerspruch auf breiter Front
Diese Ankündigung sorgte selbst bei der Partei von Stadtpräsident Alec von Graffenried, der Grünen Freien Liste (GFL), für Unverständnis: Die GFL-EVP-Fraktion ist der Ansicht, dass die Stabilität des Finanzhaushaltes insbesondere durch einen «unverhältnismässigen Stellenausbau» von 56 Stellen gefährdet ist. Diese bemerkenswerte Stellungnahme lässt zwei Interpretationen zu: Entweder hat Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) in diesem Punkt eine Differenz mit seiner Partei, oder er unterlag in der Stadtregierung zusammen mit CVP-Vertreter Reto Nause gegen die Stimmen der SP-Vertreter Michael Aebersold und Ursula Wyss sowie der Grünen Franziska Teuscher.
«Die Stabilität des Finanzhaushaltes wird durch einen unverhältnismässigen Ausbau um 56 Stellengefährdet.»
Auch die Mitteparteien lehnen das Ausmass des Stellenausbaus ab. Dieses, so die Grünliberalen, übersteige das erwartete Bevölkerungswachstum massiv. Die CVP-BDP-Fraktion will im Stadtrat den Stellenausbau ablehnen. So wie dies auch die SVP und die FDP tun werden.
Das Grüne Bündnis dagegen hat Verständnis für den Personalausbau. «Für ein Wachstum, wie es die Stadt Bern anstrebt, brauche es Zusatzausgaben», schreibt die Partei. Der Gemeinderat strebt an, dass die Stadtbevölkerung bis zum Jahr 2030 um 17 000 Einwohner wächst. Auch die SP wird die Schaffung der neuen Stellen unterstützen. Von einer Steuersenkung wollen beide Parteien nichts wissen.
Im Stadtrat wird es also zu heftigen Diskussionen um die ewige Streitfrage kommen.
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