Steigen nun die Benzinpreise in der Schweiz?
Die saudische Ölproduktion ist eingebrochen, die Preise sind historisch gestiegen. Was das für die Schweiz bedeutet.

Am Montagmorgen ist eingetroffen, was nach dem Angriff auf wichtige Ölproduktionsstätten in Saudiarabien erwartet wurde: Die Märkte reagierten nervös, und der Preis für Rohöl stieg deutlich an. Rund 20 Prozent mehr kostete ein Barrel Öl – also 159 Liter. Damit lag der Preis mit fast 72 Dollar auf einem Viermonatshoch.
Erstaunlicher als der Preis ist allerdings die Höhe des Anstiegs: Dieser ist der grösste Kurssprung seit dem Golfkrieg von 1992. Mittlerweile ist der Preis wieder etwas tiefer und liegt noch bei rund 10 Prozent mehr als vor Handelsstart. Dieser Sprung hat auch Auswirkungen auf die Schweiz. Auch wenn die Schweiz mengenmässig nicht vom Öl aus Saudiarabien abhängig sei, sagt Roland Bilang, Geschäftsführer von Avenergy Suisse, der früheren Erdöl-Vereinigung. Aber: «Vor erhöhten Rohölpreisen können wir uns nicht schützen», sagt er.
Das Öl, das in der Raffinerie in Cressier verarbeitet wird, stammt mehrheitlich aus Kasachstan, Libyen und Nigeria. Rund 25 Prozent des Bedarfs in der Schweiz wird durch die Raffinerie abgedeckt. Der Rest wird importiert. Panik ist laut Bilang nicht angesagt: «Wir sehen es im Moment nicht als tragisch an. Letzte Woche haben die Opec-Staaten gar noch einmal bekräftigt, dass man die Produktion drosselt, um den Preis stabil zu halten.» Seit drei Jahren verhält sich die Opec auf diese Weise: Sie versucht, die Preise gegen unten abzusichern.
Zudem träten die USA als sogenannter Swingproducer auf: Immer wenn der Preis steigt, produzieren die USA mehr Öl, was den Preis wiederum drückt. Ist er tief, drosselt das Land hingegen seine Ölproduktion.
Preise tiefer als vor sechs Jahren
Bisher hat sich der Rohölpreis als ziemlich stabil erwiesen, trotz anhaltenden Spannungen in der wichtigen Fördergegend. Die Zeiten, in denen ein Barrel über 110 Franken kostete, sind Jahre her. Zuletzt im Jahr 2013 lag der Preis bei über 100 Dollar im Jahresschnitt.
Danach fiel der Preis zusammen. 2016 lag er noch bei knapp über 43 Dollar. Seither hat er zwar angezogen, lag im Jahr 2018 bei knapp über 70 Dollar. Also ungefähr im gleichen Rahmen wie zeitweise im heutigen Handel. Bilang geht davon aus, dass das Ereignis vom Wochenende einigermassen schnell verdaut sein wird. Doch: «Die Versorgung ist nicht vor Krisen gefeit. Da wird wohl ein Umdenken stattfinden, gerade mit Blick darauf, dass es in dieser Weltgegend nicht nur friedlich ist.» Und dann könnte der Preis an der Zapfsäule durchaus steigen.
Bereits sind neue Angriffe auf die Erdöl-Produktion angekündigt. «Wir versprechen dem saudischen Regime, dass unsere nächste Operation grösser und schmerzhafter sein wird», sagte ein Sprecher der Huthi-Rebellen. Diese hatten sich am Samstag zu den Drohnen-Angriffen bekannt. Der Angriff könnte also erst der Anfang einer sich drehenden Gewaltspirale sein. Unter anderem auch mit entsprechenden Auswirkungen auf den Ölpreis.
Pflichtlager wieder gefüllt
Der Preis des Benzins ist aber nicht nur abhängig vom Rohölpreis, sondern etwa auch von Transportkosten. Diese seien, nach den letztjährigen Höchstpreisen, nun wieder auf normalem Niveau angelangt, sagt Bilang. Vor einem Jahr hat der niedrige Rheinpegel die Transportpreise in die Höhe getrieben. Damals wurden vom Bund gar Pflichtlager freigegeben. Diese habe man mittlerweile wieder ausgeglichen, sagt Bilang.
Schneller treffen könnte es Konsumenten, die mit Öl heizen. Dort ist der Preis volatiler und direkter abhängig von den Rohölpreisen. Zudem liegt der grosse Run auf das Öl erst noch vor uns. «Normalerweise bestellen die meisten erst dann ihr Heizöl, wenn es etwas kalt geworden ist», sagt Bilang. Und das könnte sich in diesem Jahr entsprechend negativ auswirken. Gerade wenn der Preis über die nächsten zwei, drei Wochen auf dem Niveau wie heute hält.
Dass der Preis sich über Wochen auf dem heutigen Niveau halten könnte, ist durchaus realistisch. Denn vor allem die angegriffene Raffinerie in Abkaik ist zentral für den weltweiten Ölhandel. Sie gilt als grösste Öl-Produktionsstätte der Welt. Die Bedeutung der Anlage zeigt sich auch daran, dass rund 5 Prozent des weltweiten Ölangebots seit dem Angriff fehlen. Bis die Produktionsstätten wieder funktionieren, dürfte es Wochen dauern.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch