Ständerat will keine Volkswahl des Bundesrats
Die kleine Kammer hat die SVP-Initiative «Volkswahl des Bundesrats» ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfohlen. In der Debatte malten die Gegner gar das Gespenst der «Berlusconisierung» an die Wand.

Der Ständerat will nicht, dass der Bundesrat vom Volk gewählt wird. Als Erstrat hat die eidgenössische SVP-Initiative «Volkswahl des Bundesrats» ohne Gegenvorschlag mit 35 zu 6 Stimmen zur Ablehnung empfohlen. Vergeblich versuchten einzelne Vertreter auch anderer Parteien, dem Rat eine Annahme-Empfehlung schmackhaft zu machen. Eine Volkswahl sei demokratischer und würde der Schweiz eher entsprechen, sagte etwa der Genfer Grüne Robert Cramer. Das heutige System der Bundesratswahl durch das Parlament sei alles andere als transparent.
Die SVP hatte ihre Initiative nach der Abwahl ihres Bundesrats Christoph Blocher lanciert. Die Initianten verlangen, dass die Mitglieder des Bundesrates vom Volk in direkter Wahl nach dem Majorzsystem gewählt werden, und zwar alle vier Jahre gleichzeitig mit den Nationalratswahlen, wobei die gesamte Schweiz ein einziger Wahlkreis wäre.
Latino-Quote
Für die französisch- und italienischsprachigen Regionen (die Rumantsch sprechenden werden notabene nicht erwähnt) sieht die SVP eine Quotenregelung vor. Mindestens zwei Bundesräte müssten aus den Kantonen Tessin, Waadt, Neuenburg, Genf oder Jura, den französischsprachigen Gebieten der Kantone Bern, Freiburg oder Wallis oder den italienischsprachigen Gebieten des Kantons Graubünden stammen.
Ist nach einer Bundesratswahl diese Anforderung nicht erfüllt, so wären die in den betreffenden Kantonen und Gebieten wohnhaften Kandidierenden gewählt, die das höchste geometrische Mittel aus den Stimmenzahlen der gesamten Schweiz einerseits und den Stimmenzahlen der genannten Kantone und Gebiete andererseits erreicht haben.
Diese Regelung wurde im Ständerat als viel zu kompliziert kritisiert. Die Vertreter der italienisch- und französischsprachigen Kantone und Gebiete würden zudem zu «zweitrangigen Quotenvertretern» degradiert. Auf Bundesebene sei ein solches Vorgehen für die Betroffenen erniedrigend, sagte der Freiburger CVP-Ständerat Urs Schwaller.
Auch Bundesrat will am bisherigen Modell festhalten
Der Bundesrat hatte die Initiative bereits Anfang Jahr ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfohlen. Das seit der Gründung des Bundesstaats bestehende Modell der Bundesratswahl durch das Parlament habe sich bewährt, es berücksichtige die wichtigsten Parteien, Regionen und Sprachgruppen.
Der parteilose Schaffhauser Thomas Minder warf dem Bundesrat fehlende Sensibilität vor: Als betroffenes Organ wäre es der Regierung besser angestanden, nicht Stellung zu nehmen, sagte er.
Schweiz braucht keine Berlusconis
Eine Volkswahl auf nationaler Ebene bringt nach Ansicht der Gegner zu viele Nachteile. Bundesräte würden zu Wahlkampflokomotiven ihrer Parteien und wären quasi im Dauerwahlkampf. Dies würde sich negativ auf die Regierungsarbeit auswirken, und die Zusammenarbeit unter den Bundesräten müsste neu ausgerichtet werden, sagte Kommissionssprecher Hans Stöckli (SP/BE).
Für Raphaël Comte (FDP/NE) bestünde bei einer Volkswahl die Gefahr, dass nicht der Beste gewählt würde, sondern jener, der über grössere finanzielle Mittel verfüge - und das, ohne dass über die Herkunft der Gelder Transparenz bestünde. Die beiden Freiburger Ständeräte Schwaller und Christian Levrat (SP) malten gar das Gespenst der «Berlusconisierung» und der «Amerikanisierung» an die Wand.
Über die Volkswahl könne man geteilter Meinung sein, sagte This Jenny (SVP/GL); beide Systeme hätten Vor- und Nachteile. Im Ständerat würden die Auswirkungen aber dramatisiert. Zu den finanziellen Argumenten sagte er: «Das Volk lässt sich nicht kaufen.»
SDA/kpn
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