Stäfner läuten den Herbst ein
Tausende feierten am Wochenende das traditionelle Stäfner Herbstfest. Höhepunkt war der Festumzug, ein Parademarsch der Ortsvereine.
Von Simon Hurst Stäfa – Gewisse Stimmen behaupten, dass das Zürcher Sechseläuten und die Street-Parade eines gemeinsam haben: Sie sind nur Kopien. Zünfterfest wie Technoparade hätten die Zürcher nämlich vom traditionellen Herbstfest abgekupfert, das die Stäfner am Wochenende gefeiert haben. Dabei gehen es die Bewohner der oberen Goldküstengemeinde, zumindest im Austragungsrhythmus, bescheidener an als jene der grossen Stadt: Nur alle fünf Jahre feiern die Stäfner und ihre Vereine sich selber. Dann dafür richtig: Von Freitag- bis Sonntagabend festeten sie praktisch durchgehend. Traktoren statt Love-Mobiles Ein Augenschein am sonntäglichen Umzug, dem grossen Höhepunkt des Herbstfestes, bestätigt obigen Verdacht: Die sogenannten Love-Mobiles der Street-Parade gibt es in Stäfa schon lange. Nur sind es hier nicht übergrosse LKW, auf denen die Jungen zu stampfenden Rhythmen tanzen, sondern geschmückte Traktoren mit Anhängern. Auch die Musik ist gemächlicher. Kein nervöser Techno-DJ heizt der Menge ein, sondern die gemütlichen Herren vom Alphorn-Trio Zürichsee oder dem Jodler-Chörli Stäfa – um nur zwei Beispiele zu nennen. Der Plagiatsverdacht erhärtet sich auch in Bezug auf das Sechseläuten. Der Musikverein Verena Stäfa spielte zum Auftakt ein Stück, dass die Zürcher Zünfter kurzerhand für sich beansprucht und zum «Sächsilüüte-Marsch» umgetauft haben. Wie gesagt, handelt es sich hierbei nur um einen Verdacht. Die Stäfner zeigten sich ob all dem unbeirrt. Unter dem Motto «Rund um die Welt» haben knapp 30 Ortsvereine den Dorfkern für drei Tage in eine Festhütte verwandelt. Unterstützung erhielten sie von Petrus, der ein sonnigmildes Wochenende und dem Herbstfest zahlreiche Besucher bescherte. Bis zu 25 000 sind es am Festumzug am Sonntag gewesen, sagt OK-Präsidentin Barbara Eisl vom örtlichen Verkehrsverein, der das Fest organisiert hat. Nach monatelanger Vorbereitung erntete sie nun die Früchte der Arbeit. «Ich bin sehr zufrieden», sagte sie. «Es herrschte drei Tage lang Ferienstimmung pur.» Verlockendes Vereinsleben An der Parade, die von der Landi bis zum See hinunter führte, wurde den Zuschauern das ganze Spektrum des Dorf- und Vereinslebens mit viel Weisswein und Süssigkeiten schmackhaft gemacht: Die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde winkte, was das Zeug hielt. Die Ortsgruppe des Schweizerischen Schäferhunde-Clubs stellte ihre Tiere zur Schau. Die Chlausgesellschaft Stäfa versprühte Weihnachtsstimmung. Der Inline- und der Hockeyclub machten die Strasse zum Spielfeld. Und die rüstigen Frauen und Männer der Trachtengruppe Zürichsee rechtes Ufer warfen sich in ihre schönsten Gewänder. Den Dorfcharakter wahren Auch kulinarisch ist am Herbstfest niemand zu kurz gekommen: Ob Cervelat, Zürisee-Fischknusperli oder sämiger Safranrisotto – dem Schlemmen waren keine Grenzen gesetzt, undin den Zelten rund um den Bahnhof war kaum ein Platz frei. Doch warum dieser grosse Aufwand? Stäfa solle seinen Dorfcharakter behalten, hörte man an vielen Vereinsständen. Dies sei unmittelbar mit der Pflege des Vereinslebens verbunden. Stäfa habe trotz seiner rund 14 000 Einwohner und der Nähe zu Zürich ein reiches, intaktes Dorfleben, sagten die Weinbauern Martin und Andrea Wetli sowie Doris und Peter Menzi-Pfenninger, die am Fest den Wypuure-Chäller im Geren betrieben. «Wir wünschen uns nur, es würde am Herbstfest ausschliesslich Stäfner Wein ausgeschenkt», sagten sie und schmunzelten. Gerade für kleine Vereine sei das Herbstfest ein idealer Anlass, um Präsenz zu zeigen, meinte Chris Ingold, Präsident des Curling-Clubs. «Wir konnten bereits einige Besucher zum Schnuppern gewinnen», freute er sich. Auch das Jodler-Chörli könnte Nachwuchs vertragen, sagte Otto Helbling, der im Jodler-Grotto am Grill stand. Das Fest diene dem Austausch unter den Vereinen. Man besucht sich, plaudert und pflegt die Freundschaft. An der Stärkung des Dorflebens nahm auch ein spezieller Stäfner teil: Formel-1-Rennfahrer Nick Heidfeld wurde samt Familie beim Flanieren zwischen Festständen gesichtet. Rund 30 Ortsvereine zeigten sich am Sonntag bei schönstem Wetter im ganz besonderen Kleid. Vielleicht dürfen sie sich dank der bunten und fröhlichen Parade schon bald über Zuwachs aus der grossen Zuschauermenge freuen. Fotos: Silvia Luckner
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch