Stadt Bern setzt auf günstige Wohnungen
Der Berner Gemeinderat bekennt sich in seiner neuen Wohnstrategie zu gemeinnützigen Trägerschaften. Diese verfolgten wie er selber gemeinwohlorientierte Ziele.

Die Absichtserklärungen sind seit Jahren ungefähr die gleichen, und seit Ende 2016 steht es im Stadtentwicklungskonzept: Bis ins Jahr 2030 soll die Stadt Bern um rund 17'000 Personen auf 160'000 Bewohnerinnen und Bewohner wachsen. Welche strategischen Leitlinien und konkreten Massnahmen dabei die Wohnpolitik sichtbar machen sollen, hat der Gemeinderat neu in einer Wohnstrategie festgelegt. Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL), Sozialdirektorin Franziska Teuscher (GB) und Finanzdirektor Michael Aebersold (SP) präsentierten sie am Montag vor den Medien.
Als Vision, die mit dem wohnpolitischen Wirken angestrebt werden soll, definiert die Stadtregierung im Titel des neuen Papiers eine «Wohnstadt der Vielfalt». Kurz: Alle sollen willkommen sein, sich mit der Stadt verbunden fühlen und eine hohe Wohnqualität geniessen.
«Soziale Strategie»
In der Strategie steht vieles, was die Stadtregierung schon bei anderer Gelegenheit formuliert hat oder was im Stadtparlament teilweise vor längerer Zeit beschlossen worden ist. Man könnte dem Gemeinderat deshalb vorwerfen, es handle sich um viel alten Wein, den er in neuen Schläuchen präsentierte.
Ebenso richtig ist aber, dass neu Massnahmen für die nächsten vier Jahre sowie die längerfristigen Ziele übersichtlich gebündelt vorliegen. Das ermöglicht nicht nur einen Überblick über Sinn und Geist der städtischen Wohnbaupolitik, sondern macht die vielen geplanten Aktivitäten auch messbar.
Eine Stadt für alle, das heisst im rot-grünen Bern, dass insbesondere an jene gedacht werden soll, die auf dem ohnehin angespannten freien Wohnungsmarkt speziell schlechte Karten haben: Leute mit tiefen und mittleren Einkommen, Arme, Alte, Menschen mit Behinderung, Migrantinnen und Migranten. Man lege «eine ausgeprägt soziale Wohnstrategie» vor, sagte Gemeinderätin Teuscher. Benachteiligte Personen sollen beim Suchen und Halten von Wohnungen unterstützt werden, und es brauche mehr bezahlbaren Wohnraum für Armutsbetroffene und -gefährdete.
Dafür wird allen voran ihr Kollege Aebersold sorgen müssen, der Präsident der Betriebskommission des Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik. Zwei der Ziele, die dieser kommunizierte: Bis 2030 soll die Hälfte aller neuen Wohnungen – gut 4000 von 8500 – im preisgünstigen Segment entstehen. Und: Die Vorgabe des Stadtrats, die Anzahl Wohnungen im Bereich «Günstiger Wohnraum mit Vermietungskriterien» auf 1000 zu erhöhen, soll bis 2025 erfüllt sein.
Messbare Vorgaben gibt sich die Regierung auch bei hindernisfreien beziehungsweise grossen Wohnungen mit vier oder mehr Zimmern. Erstere sollen im städtischen Portfolio von heute 250 auf 500, Letztere von 350 auf 700 verdoppelt werden. Dazu zeigt der Grundlagenbericht zur Wohnstrategie, der ebenfalls am Montag präsentiert wurde, einen pikanten Befund: Von den bloss 22'000 grossen Wohnungen in der Stadt Bern wird mehr als die Hälfte von Ein- oder Zweipersonenhaushalten bewohnt.
Was der Grundlagenbericht auch zeigt: Von den rund 77'000 Wohnungen in der Stadt Bern gehören gerade mal knapp 2000 der Stadt selber. «Dennoch wollen wir Einfluss nehmen und mitsteuern», sagte Stadtpräsident von Graffenried.
Module beim Gaswerk?
Die Stadt wolle «ergänzend zu den privaten Bauherrschaften agieren» und vor allem im Segment des günstigen Wohnraums handeln, betonte von Graffenried. Dabei seien «gemeinnützige Trägerschaften» die «zentralen Partnerinnen» der Stadt, ergänzte Finanzdirektor Aebersold.
Eine echte Innovation thematisierte dieser im Gespräch am Rand der Medienkonferenz: Immobilien Stadt Bern wird ein Pilotprojekt zur temporären Nutzung von Wohnbauarealen ausarbeiten, deren Planung noch längere Zeit dauert. So könnten etwa auf dem Gaswerkareal, sobald dieses von Energie Wasser Bern an die Stadt übertragen worden ist, verschiebbare Modulbauten aufgestellt werden. Damit könne Wohnraum auf Zeit geschaffen und gleichzeitig Entwicklungsarealen Identität verliehen werden.
Grünes Bündnis (GB) und SP begrüssen die Strategie des Gemeinderats, in dem sie drei von fünf Sitzen stellen. Gleichzeitig fordert das GB etwa bei der Unterstützung gemeinnütziger Trägerschaften und beim Ausbau auf 1000 günstige Wohnungen mit Vermietungskriterien mehr Tempo. Und, so GB und SP: Die Umsetzung der Ziele sei auch von Privaten, der Burgergemeinde oder halbstaatlichen Akteuren wie den SBB einzufordern.
Tatsächlich bleibt der Gemeinderat in diesem Punkt zögerlich: Private sollen für die Anliegen des Gemeinderats «sensibilisiert» und «eingeladen» werden, «die Stadt bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen», heisst es im Strategiepapier.
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