«Staatssekretäre dürfen nicht zu selbstherrlich werden»
Der Bundesrat will das Bundespräsidium auf zwei Jahre verlängern und mehr Staatssekretäre einstellen. Dies könnte den Einflussbereich der Bundesräte verwässern, sagt Rechtsprofesor Jörg Paul Müller.
Bundespräsidentin Doris Leuthard sagte am Mittwochnachmittag, wie sich der Bundesrat die Regierungsreform vorstellt. Es ist der zweite Versuch nach der Rückweisung einer ersten Vorlage 2004. Die Kernpunkte der Zusatzbotschaft sind ein zweijähriges Bundespräsidium mit ebenso lange dauerndem Vizepräsidium, vier bis sechs zusätzliche Staatssekretäre, eine besser geregelte Stellvertretung und eine Stärkung der Dreier-Ausschüsse des Bundesrats.
Zwar verspreche die zweijährige Bundespräsidentschaft mehr Kontinuität, sagt Staatsrechtsprofessor Jörg Paul Müller. Doch am Prinzip, dass der Bundespräsident der Primus inter Pares ist, dürfe nicht gerüttelt werden. Müller befürchtet, dass die Bundesräte in «präsidial tauglich und präsidial untauglich» unterteilt würden. Das wäre ebenso schädlich wie die Unterteilung der Departemente in Schlüssel- und unwichtige Departemente.
Indiskretionen nicht angesprochen
Die zusätzlichen Staatssekretäre sollen vor allem «Kontakte mit dem Ausland auf höchster Ebene» pflegen und die Bundesräte in den Kommissionen vertreten. Staatsrechtsprofessor Jörg Paul Müller ist diesbezüglich skeptisch. «Wichtig ist, dass die Staatssekretäre nicht zu selbstherrlich werden und dass sich die Kompetenzen nicht vermischen», sagt er gegenüber Redaktion Tamedia. Die Bologna-Reform sei nur ein Beispiel für ein Politikum, das als Sache des Staatssekretärs angesehen wurde, nicht mehr als eine des Volks oder des Bundesrats. Die Zuständigkeiten des Regierungsorgans könnten verwässert werden, befürchtet Müller.
Schade sei auch, dass der Bundesrat unter dem Punkt «Stärkung der Kollegialbehörde» die grassierenden Indiskretionen nicht anspricht. «Libyen war ein krasses Beispiel. Dass Frau Calmy-Rey die Pläne zur Geiselbefreiung im Gesamtgremium nicht angesprochen hat, ist ein alarmierendes Zeichen.»
«Die Bundesräte entlasten»
Sinnvoll sei hingegen das Vorhaben, die Stellvertreter-Regelung zu stärken. Wie stark dadurch eine Kollegialbehörde sei, habe das Beispiel Hans-Rudolf Merz gezeigt. Jörg Paul Müller begrüsst es auch, dass die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident künftig von zentralen und operativ wichtigen Geschäften entlastet werden soll.
Dieser Zusatzbotschaft will der Bundesrat noch in diesem Jahr einen Vorschlag zur Departementsgliederung hinterherschicken. Nachher geht die Vorlage ins Parlament und wird frühestens 2012 umgesetzt, wie Leuthard prognostiziert.
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