St. Gallen noch unter Schock?
Peter Zeidler hat in St. Gallen viel Leidenschaft für den Fussball vorgefunden – etwas, worauf der Deutsche viel Wert legt. Vor dem heutigen Spiel bei den Young Boys muss seine Mannschaft einen Rückschlag verkraften.

Der Schock sitzt noch tief. Eigentlich möchte Peter Zeidler über den Auftritt in Bern sprechen, über die Chancen für seinen FC St. Gallen, über den Lauf von YB. Aber er muss noch einmal zurück, zum Sonntag, dem 2:2 gegen Lugano und vor allem: dem üblen Foul. St. Gallens Trainer ist noch immer etwas ausser sich, «so etwas habe ich noch gar nie erlebt».
Auf Kniehöhe trat Luganos Fabio Daprelà zu, er traf St. Gallens Cedric Itten mit offener Sohle. Der beste Angreifer der Ostschweizer ging mit Schmerzensschrei zu Boden, Riss an Kreuz- und Innenband, out bis Frühling. Im gleichen Spiel bricht sich auch noch Nicolas Lüchinger das Schlüsselbein, er fällt mehrere Monate aus.
Es sind die beiden Negativmeldungen, die zu Wochenbeginn die Agenda von St. Gallens Trainer Zeidler bestimmen. Die Liga hat noch am Sonntagabend ein Verfahren gegen Daprelà eröffnet.
Der zuständige Richter hat am Dienstag entschieden, den Fall an die Disziplinarkommission weiterzugeben – was bedeutet, dass er auch mehr als die üblichen vier Spielsperren erhalten könnte. Daprelà muss sich möglicherweise auch wegen vorsätzlichen Handelns verantworten, weil er Itten schon im letzten Aufeinandertreffen gedroht haben soll.
Die Vorgeschichte mit Daprelà
Am Sonntag kam es immer wieder zu Trashtalk, einmal fuhr Daprelà den Ellenbogen aus, sah Gelb, bis er dann heftig (und diesmal ungeahndet) zutrat. Bereits der FC Zürich soll den Fehlbaren bei der Liga gemeldet haben, weil dieser Antonio Marchesano ebenso unbehelligt heftig auf den Knöchel getreten war.
Und so hat Trainer Zeidler just vor dem Spiel bei YB ziemlich konkrete Personalsorgen. «Wir sammeln uns jetzt und bereiten uns gut vor. Trotz allem: Ich freue mich sehr auf das Spiel.» Der 56-jährige Schwabe ist ein leidenschaftlicher Fussballgucker, «und die Energie, welche YB momentan auf den Platz bringt, die spürst du sogar vor dem Fernseher».
Überhaupt zeigt sich Zeidler ganz angetan von der Super League. Als Nachwuchstrainer hat er in Stuttgart und Nürnberg gearbeitet. Er kennt diese Städte, in denen sich viel bis alles um den Fussball dreht.
Das hat er in Ansätzen auch in Sion, wo er bis Frühling 2017 Trainer war, gespürt, das weiss er aus Bern, aus Basel, «und vor allem merke ich das jetzt auch in St. Gallen». Stolz berichtet Zeidler von einem Fantreffen, «die haben mich eingeladen, ich sprach vor ein paar Hundert Fans und habe die Begeisterung für unseren Verein gespürt».
«Ich bin ungeduldig»
Begeisterung bringt immer auch Druck mit sich, und diesem Druck, dem scheint der Trainer in diesen ersten Saisonwochen gewachsen – auch wenn für ihn selbst manchmal vieles noch zu langsam geht. «Ich bin ungeduldig und möchte gerne schon einen Schritt weiter sein.»
Auswärts gab es für St. Gallen bisher zwei Siege und ein Remis, zu Hause mussten die Ostschweizer unglückliche Punktverluste hinnehmen – beim 0:1 gegen Luzern, am Sonntag beim 2:2-Ausgleich in letzter Minute gegen Lugano.
Zum ersten Heimspiel kamen noch 11'000, am Sonntag bereits 13 000 Leute ins Stadion. Zeidler nimmt solche Entwicklungen als Zeichen der Wertschätzung wahr. «Die Zuschauer honorieren unsere Leidenschaft – und wir sind ihnen jetzt verpflichtet.»
Der einstige Assistent von Ralf Rangnick bei Hoffenheim ist ein weitsichtiger Trainer. Als Coach von einem Club, dem vom achten bis zum zweiten Platz alles zuzutrauen ist, teilt er die Liga in Klassen ein und sagt: «Wir sind Dritter. Aber es liegt alles eng zusammen, es kann schnell gehen.»
Gedanken an die 12er-Liga
Für die wiedereingeführte Barrage sprach er sich nicht aus. Und der Blick geht in solchen Momenten auch nach Österreich, wo Zeidler bei Salzburg einst YB-Meistertrainer Adi Hütter beerbte. Seit einem Jahr spielen sie im Nachbarland wieder mit zwölf Teams in der ersten Liga. «Das gibt eine ganz andere Dynamik.»
Als Erstes aber wartet: Bern, YB und die derzeit nicht sehr aussichtsreiche Aufgabe, beim Leader zu punkten. Der Trainer wird sein Team umbauen, wird Itten und Lüchinger ersetzen müssen, wohl auch die angeschlagene Inter-Leihgabe Axel Bakayoko, die Zeidler aus der vorderen Leihstation des Franzosen, seinem Ex-Club Sochaux, mitgebracht hat.
Zeidler ist ein Mann der klaren Kommunikation, nach seiner Ankunft hat er etwa Alain Wiss mitgeteilt, dass es für ihn schwierig werde, einen Platz in der Mannschaft zu finden, Gleiches hat er auch mit dem Ur-St. Galler Tranquillo Barnetta besprochen.
Zeidler ist optimistisch, den Rückschlag vom Wochenende mit neuen Kräften und bestehendem Offensivfussball wegzustecken. Der Zeidler steht auf Sturm.
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