Zurück im Rampenlicht
Die Traditionssportart hat hierzulande den Fall in die Bedeutungslosigkeit abgewendet und an Relevanz gewonnen. Paradoxerweise profitiert sie vom Wandel in der Medienbranche.

Es ist keine wegweisende Partie, welche der BSV Bern Muri und Wacker Thun heute in Gümligen austragen. Gewiss, der Vierte empfängt den Ersten; Entscheidungen im Titelkampf aber fallen frühestens im April welche.
Abgesetzt werden dürften die Eintrittskarten dennoch restlos. Nicht bloss das Kräftemessen der Berner Clubs stösst verstärkt auf Interesse. Die Zuschauerzahlen im hiesigen Handball nehmen zu und dürften weiterhin steigen.
Vor zehn Jahren war die Sportart hierzulande dabei, bedeutungslos zu werden. Sie sah sich einem heftigen Konkurrenzkampf ausgesetzt; vorab das vergleichsweise frische Unihockey erfreute sich zunehmend grosser Beliebtheit.
Eine Nationalliga-A-Partie wollten in der Saison 2008/2009 im Schnitt 465 Leute sehen. Die Landesauswahl besass weder Strahlkraft noch Perspektiven. Handball, das war in den Augen vieler: etwas Antiquiertes.
Die Renaissance
Die Trendwende ist längst vollzogen. Der Schnitt beträgt heute 645 Zuschauer, und angesichts dessen, dass das Playoff noch bevorsteht, ist es sehr wahrscheinlich, dass Ende Saison im Mittel über 800 Menschen an den Partien gewesen sein werden.
Am Samstag verzeichnete das besonders beliebte Wacker Thun im Heimspiel gegen Mittelfeldclub Kriens 1480 Besucher, weitere 2220 Interessierte verfolgten den Match auf der Plattform Handballtv.ch. Zentral im Hinblick auf die Schlussklassierung war auch diese Begegnung nicht.

Unihockey hat sich als dritte Kraft unter den Mannschaftssportarten nicht etablieren können. Die Zuschauerzahlen gehen leicht zurück und sind tiefer als im Handball. Die hiesige Szene leidet darunter, dass die Sportart global kein sonderlich hohes Standing hat.
Kürzlich mass sich die Schweizer Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation mit Italien, Island, Ungarn, Russland und Lettland. Das Skore des helvetischen Teams, addiert aus den fünf Vergleichen: 87:12.
Dass der hiesige Handball an Relevanz gewonnen hat, ist freilich mit das Verdienst von Andy Schmid. Viermal ist der Luzerner zuletzt zum wertvollsten Akteur in der Bundesliga ausgezeichnet worden.
Fachleute halten den Regisseur der Rhein-Neckar Löwen für den besten Spieler überhaupt. Mit den Bernern Nikola Portner (Frankreich), Alen Milosevic und Samuel Röthlisberger (beide Deutschland) sind weitere Schweizer in Spitzenligen beschäftigt.
Die bis dahin für Wacker auflaufenden Lukas von Deschwanden und Lenny Rubin werden ihnen im Sommer folgen. Dass helvetisches Schaffen gefragt ist, beweist, dass hierzulande ein ansprechender Handball gespielt wird.
Ein weiterer Beleg hierfür ist, dass mit dem Tschechen Ondrej Zdrahala der Torschützenkönig der zu Ende gegangenen EM bei St. Otmar St. Gallen unter Vertrag steht, einem Teilnehmer der Abstiegsrunde.
Und die hiesige Landesauswahl erweckt den Eindruck, stetig besser zu werden. Ende 2016 brachte sie den damaligen Europameister Deutschland vor vollem Hallenstadion in Zürich an den Rand einer Niederlage. Auf Juniorenstufe verkörpern die technisch starken Schweizer bereits erweiterte Weltspitze.
Mehr Präsenz
Der Wandel in der Medienbranche begünstigt ausgerechnet die Traditionssportart Handball. Das Schweizer Fernsehen hat die Partien der Nationalmannschaft zuletzt lückenlos übertragen, teils zur Primetime – im Zeitalter der Replay-Funktion steigt der Stellenwert der Sportliveberichterstattung.
Die Leute des SRF erklären auf Anfrage, sie seien mit den Einschaltquoten sehr zufrieden, die Publikumszahlen hätten die Erwartungen übertroffen. Der neue Player Mysports profiliert sich derweil mit der Ausstrahlung von Meisterschafts- und Europacupspielen.
Und ein Gros der Zeitungen gewichtet stärker, was sich in ihrem Einzugsgebiet tut, um eine Differenz zum Angebot zu schaffen, das im Internet zugänglich ist – wovon die meist regional tief verankerten Vereine profitieren.
Das Hoch dürfte anhalten. Bern, Kriens und Winterthur werden in Bälde neue Spielstätten beziehen, Schaffhausen und Endingen haben schon welche. Und die Schweiz kandidiert mit Handballgrossmacht Dänemark um die Durchführung von Europameisterschaften zu Beginn des neuen Jahrzehnts.
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