«Das ist kein Elfmeter»
Schiedsrichterexperte Urs Meier erklärt, wieso Kevin Mbabu gegen Manchester United kein absichtliches Hands begeht und der Elfmeter gegen YB darum falsch ist.
Es ist der Moment am Mittwochabend, der im Stade de Suisse alle mit gelb-schwarzem Herzen entsetzt. Dieser Moment, als Schiedsrichter Deniz Aytekin pfeift und am Fuss der Berner Fankurve auf den Elfmeterpunkt zeigt. Aytekin will gesehen haben, dass Kevin Mbabu den Flankenball von Luke Shaw absichtlich mit der Hand abgewehrt hat.
«Das ist kein Elfmeter», sagt am Morgen danach Urs Meier.
Der 59-Jährige war einst Schiedsrichter von Weltniveau, einer, wie ihn die Schweiz nach ihm nur noch in Massimo Busacca hatte. Meier pfiff unter anderem 2002 den Final der Champions League und den Halbfinal an der WM zwischen Deutschland und Südkorea.
Und wieso ist das kein strafbares Hands von Mbabu, Urs Meier? Zur Erklärung beruft er sich auf Regel 12 des Regelbuchs der Fifa. «Hands ist, wenn die Hand zum Ball geht, wenn ein Spieler eine unnatürliche Bewegung macht. Dabei stellt sich für den Schiedsrichter die Frage: Ist es Absicht oder nicht? Und die Distanz ist ein entscheidender Faktor: Hat ein Spieler überhaupt die Möglichkeit, mit der Hand dem Ball auszuweichen?»
Das sind für Meier die entscheidenden Parameter, die ein Schiedsrichter berücksichtigen muss, wenn er vor der Frage steht: Hands oder nicht? Penalty oder nicht?
Die Auslegung der Handsregel sorgt immer für Diskussionen
«Bei Mbabu ist es kein Hands, weil die Voraussetzungen nicht gegeben sind», sagt Meier, heute fürs ZDF und den Teleclub im Einsatz. «Es liegt keine Absicht vor. Das erkennt man daran, dass der Arm wegschwingt, als er vom Ball berührt wird. Und der Arm schwingt weg, weil keine Spannung drin ist, keine Kraft, um den Ball aufzuhalten. Und noch eines: Die Distanz zum Gegner ist so kurz, dass Mbabu gar keine Zeit mehr hat, den Arm wegzunehmen.»
Die Handsregel, genauer ihre Auslegung, sorgt immer wieder für Diskussionen, jedes Wochenende in jeder Liga. Meier hat schon früher, als Chef der Schweizer Spitzenschiedsrichter, immer betont, wie wichtig das Fussballverständnis für einen Schiedsrichter sei, um die richtigen Entscheide zu treffen – «dieses Verständnis, um beurteilen zu können, was eine natürliche Bewegung ist und was nicht, was Absicht und was nicht», sagt er. Und auch darum kommt er bei Mbabu zum Urteil: «Wenn einer weiss, wie es im Fussball läuft, gibt er in dieser Situation keinen Elfmeter.» Aytekin aber offeriert Manchester United die Chance, das 2:0 zu erzielen. Und Paul Pogba nimmt das Geschenk dankend an. Nach 44 Minuten ist der Match entschieden.
Meier weiss, dass immer da grosse Diskussionen aufkommen, wo es einen Interpretationsspielraum gibt, «und beim Hands sind diese Diskussionen unglaublich», sagt er, «wenn wir früher in der Schweiz mit zehn Trainern arbeiteten, hatten sie fünfzehn unterschiedliche Meinungen. Und wieso? Weil sie zum Teil nicht wissen, was in den Regeln steht.»
Geht der Ball zur Hand? Oder die Hand zum Ball? Meier wird nicht müde, diese Kernfrage zu wiederholen. Darum ist für ihn die Handsspielregel kein Buch mit sieben Siegeln, er sagt: «Sie ist klar. Wenn man sie richtig auslegt, ist sie klar. Hands ist kein schwieriges Thema, wenn man sich an diese Regel hält.»
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