So schleicht Federer an der Spitze davon
Dank seinem besten Saisonstart (wie 2006) könnte Roger Federer noch mehrere Monate die Nummer eins bleiben.
Die Wüste lebt. Kälte, Hitze, Wind, Sandsturm, Sonne, Regen das zweite Gipfeltreffen der Tenniselite erlebt in Indian Wells heuer alle Wetterextreme des Coachella Valley. Entsprechend gefordert sind die Spieler. Die Bedingungen und der Ballflug variieren extrem, die Anpassungsfähigkeit eines Chamäleons ist von Vorteil. Eine Eigenschaft, die Roger Federer auch mitbringt. Das zeigte er wieder im Viertelfinal gegen Hyeon Chung (ATP 26), der seinen Ruf bestätigte, der vielleicht gefährlichste Spieler der neuen Generation zu sein, zusammen mit Alexander Zverev.
Bester Saisonstart, wie 2006
Federer schlug den 21-jährigen Südkoreaner mit einer Mischung aus hervorragenden Aufschlägen, hoher Risikobereitschaft und geschickten Variationen 7:5, 6:1, nachdem die Partie eine Stunde lang hochklassig und extrem ausgeglichen gewesen war. Er trifft damit heute im Halbfinal auf den ungesetzten Kroaten Borna Coric und hat weiter die Chance, erster sechsfacher Indian-Wells-Sieger zu werden.
Video: Federer bezwingt Hyeon Chung
Der Schweizer steht im Halbfinal. Video: Tamedia/AP
«Zu Beginn meiner Karriere spielte ich nicht gerne bei viel Wind. Inzwischen mag ich es, wenn die Bedingungen immer wieder wechseln und man sich anpassen muss», sagt Federer. «Ich bin glücklich, dass ich fähig bin, bei unterschiedlichsten Bedingungen gute Leistungen zu bringen.»
Weil es sein 16. Sieg in Folge war und er damit seinen besten Saisonstart aus dem Jahr 2006 wiederholt hat, stand nach der Partie weniger seine starke Leistung, sondern die Statistik im Vordergrund. Dabei zeigte Federer grössere Schwächen als auf dem Platz: So verwechselte er die Jahre 2006 und 2007 und war der Meinung, dass sein bester Saisonstart mit einer Niederlage 2006 gegen Caas in Indian Wells zu Ende gegangen sei und seine Siegesserie schon im Vorjahr begonnen habe. Dieses Szenario spielte sich aber 06/07 ab. Sein bester Saisonstart war 2006 von Nadal in Dubai beendet worden.
Weil gegen Chung für einmal auch Pete Sampras wieder im Stadion war, wurde Federer auch zu seiner einzigen Begegnung mit dem früheren Wimbledon-König befragt. Da gab er sich dann aber keine Blössen und erklärte präzise, wie er den Amerikaner 2001 in Wimbledon gestürzt hatte.
«Nur so gut wie das letzte Spiel»
Federer weiss Rekorde und Statistiken längst zu relativieren. «Du bist immer nur so gut, wie dein letzter Match war», wurde er in Indian Wells philosophisch. Er weiss, sollte er nun an Coric scheitern oder den Final verlieren, würde sein starker Saisonstart deutlich an Glanz verlieren. «Ein guter Jahresauftakt gibt dir Vertrauen für den Rest der Saison, weil du schon viele Punkte gesammelt hast», betont er aber auch.
Tatsächlich könnte Federer in Indian Wells eine Vorentscheidung schaffen im Kampf um die Weltranglistenspitze. Schon mit dem Halbfinalvorstoss sorgte er dafür, dass er auch die zwei kommenden Wochen am Miami Open zuoberst steht. Und sollte er seinen Indian-Wells-Titel verteidigen können, stünde bereits fest, dass er auch nach Miami das Ranking anführen würde. Denn Nadal, den er dort 2017 im Endspiel schlug, wird wegen seiner Hüftverletzung ebenfalls wieder fehlen.
Bis Wimbledon die Nummer 1?
Gewinnt Federer Indian Wells, hätte das noch grössere Auswirkungen. Denn weil Nadal in der Sandsaison in Monte Carlo, Barcelona, Madrid, Rom und Paris im Vorjahr nur einmal verlor und 4680 Punkte ersetzen muss, würde Federer aller Voraussicht nach bis Wimbledon das Ranking anführen, zumal er die Sandturniere vor einem Jahr komplett ausliess und deshalb auch keine Punkte zu verteidigen hat. Und mehr noch: Sollte er sich entscheiden, einige Sandevents zu bestreiten, könnte er sich an der Spitze sogar noch weiter davonschleichen, ehe er in Wimbledon seinen nächsten Major-Titel und damit 2000 ATP-Punkte verteidigen muss.
Video: Federer witzelt über Nebenjob seiner Kinder
«Sie haben gestern 70 Dollar verdient!» Video: Tamedia
Vorerst hat sich Federer aber mit einem weiteren jungen Überraschungsmann zu beschäftigen, dem wie Chung 21-jährigen Borna Coric. Gegen die Nummer 49 aus Zagreb gewann er die bisher einzige Begegnung vor drei Jahren in Dubai 6:2, 6:1. Coric war der jüngste Top-100-Spieler im Jahr 2014, nachdem er in Basel zum ersten seiner zwei Siege gegen Nadal gekommen war. Er wurde durch eine Knieoperation Ende 2016 etwas zurückgeworfen, hat aber unter seinem neuen Trainer Riccardo Piatti den Anschluss an die Spitze wieder gefunden.
«Er spielt ähnlich wie Chung, bewegt sich gut, hat eine starke Rückhand und ist voller Selbstvertrauen», sagt Federer, «aber ich fühle mich bereit.» Erst gestern wurden die anderen Halbfinalisten ermittelt, welche im Gegensatz zu Federer und Coric zu keinem Ruhetag mehr kommen. Die Endspiele steigen beide am Sonntag.
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