So kann Wawrinka gewinnen
Was muss der Romand gegen Nadal tun? Wie steckt er den Halbfinal-Marathon weg? Was macht ihn so stark? Drei, die es wissen müssen, antworten.

«Er hat noch Reserven»
«Stan überrascht mich jeden Tag von neuem», sagt Vater Wolfram. «Ein vierter Grand-Slam-Final, das ist fantastisch! Und er spielt ähnlich wie 2015, als er den Ball extrem gut spürte. Diesmal varriert er noch etwas mehr.» Schmunzelnd fügt er an: «Ich hätte ein bisschen Angst, wenn ich Nadal wäre.» Für den 57-Jährigen wird es wieder ein harter Nachmittag, in der prallen Pariser Sonne. Um seinen Sohn nicht zu beeinflussen, versuche er, möglichst wenig Emotionen zu zeigen. Auch wenn es in ihm drinnen brodelt.
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Dass der 5-Satz-Marathon gegen Andy Murray Spuren hinterlassen haben könnte, befürchtet er nicht: «Stan ist körperlich wirklich top. Und vor Murray hatte er ja kurze Spiele. Er hat noch Reserven.» Taktisch wolle er nicht dreinreden, sagt Wolfram Wawrinka. «Stan wird sicher die richtige Taktik haben. Natürlich muss er Nadal unter Druck setzen. Vielleicht kann ihm dieser mit seinem Linkshänder-Aufschlag etwas wehtun.» Und wie geht es aus? Er zuckt mit den Schultern: «Ich weiss nur eines: Stan wird bis zum letzten Ball kämpfen.»
«Nadal ist defensiv nicht mehr so stark»
Heinz Günthardt hat als Experte des Schweizer Fernsehens schon unzählige Matches von Rafael Nadal kommentiert. Und er teilt nicht die Meinung vieler, dass der Spanier so gut spiele wie zu seinen besten Zeiten: «Ich finde, Nadal ist defensiv nicht mehr so stark wie mit 24, 25. Doch weil es in Paris bisher niemandem gelang, ihn in die Defensive zu drängen, fiel das gar nicht auf. Obschon Thiem absolut chancenlos war, schlug er gegen ihn ein paar Winner, bei denen ich dachte: Okay, diesen Ball hätte Nadal früher noch erreicht.» Das habe man auch in dessen jüngsten Duellen gegen Federer gesehen. «Nadal hat so viele Verletzungen hinter sich, das geht nicht spurlos vorbei», sagt Günthardt. «Wir reden da von ein paar Zentimetern auf drei, vier Metern, die ihm fehlen. Doch das kann die ganze Dynamik verändern.»
Selbstredend, dass der Zürcher, der in Paris 1981 mit Balazs Taroczy das Doppelturnier gewann, Wawrinka zu angriffigem Spiel rät: «Er hat die Waffen, um Nadal nach hinten zu drängen. Er muss den Ball früh attackieren.» Das sei vor allem bei der Rückhand nötig, die der Spanier immer wieder mit seinen extremen Topspin-Bällen anspielen werde: «Es ist wichtig, dass Wawrinka die Rückhand longline gut spielt. Denn er muss immer mal wieder die Achse wechseln können. Aber natürlich muss da das Timing stimmen.»
Seine kleinen Defizite im Defensivspiel habe Nadal wettgemacht, indem er angriffiger spiele, hat Günthardt beobachtet. Da sei die Handschrift von Carlos Moya zu sehen, der das Trainerteam seit Dezember 2016 ergänzt. Die Startphase des Finals ist für den 58-Jährigen wegweisend: «Gegen Thiem war Nadal nervös, doch der konnte nichts daraus machen. Und dann entspannte sich Nadal und wurde immer besser.»
«Er muss retournieren wie Federer»
«Unglaublich, wie effizient ihr Schweizer seid!», scherzt Craig O’Shannessy, der für die ATP, das Australian Open oder die «New York Times» als Tennisanalytiker den Sport erklärt. «Ihr habt zwar nur drei, vier Spieler herausgebracht, aber die gewinnen alles.» Vor dem Paris-Final ist er allerdings skeptisch ffür Wawrinka. Denn: «Dieser Center Court ist wie geschaffen für Nadal. Es ist unglaublich, wie hoch der Ball hier abspringt. Umso mehr noch in diesen heissen Bedingungen. Das ist perfekt für Nadal mit seiner überrissenen Topspin-Vorhand. Zudem liebt er es, dass er hier so viel Raum gibt. So kann er sich auf dem Platz richtig austoben.» Der Spanier sei für ihn deshalb klar zu favorisie- ren, sagt der Australier.
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Doch ein paar Tipps für den Herausforderer lässt er sich schon abringen. Er sagt: «Wawrinka muss die Ballwechsel verkürzen, flach und hart spielen. Er darf sich nicht in zu viele Crosscourt-Duelle gegen Nadals Vorhand verwickeln lassen. Das wäre sein Untergang.»
Der Schweizer werde gegen Nadal zu seinen Breakchancen kommen, doch das Problem sei, dass dieser bei der Vorteil-Seite auf Wawrinkas einhändige Rückhand servieren könne. «Breakbälle zu verwerten, wird für ihn deshalb äusserst schwierig. Er muss sich beim Rückhandreturn ein Beispiel nehmen an Federer in Melbourne oder Miami – er muss mit der Rückhand durch den Ball gehen. Auf keinen Fall darf er den Ball zurückslicen! Sonst ist Nadal mit seiner Vorhand sofort am Drücker.»
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