«Ich habe meine Ziele in diesem Jahr längst erreicht»
Roger Federer scheidet im Halbfinal des ATP-Masters-1000-Turniers von Shanghai aus. Die Nummer 1 der Welt verliert gegen Andy Murray (ATP 3) 4:6, 4:6 – und zieht dennoch eine positive Bilanz.

Das Ergebnis fiel zwar knapper aus als vor zwei Monaten im Olympia-Final (2:6, 1:6, 4:6), dennoch boten sich Roger Federer auch in Shanghai gegen Andy Murray nicht viele Möglichkeiten. Selbst zwei Unterbrüche im zweiten Satz wegen Regens, die zweite Pause unmittelbar vor Murrays letztem Aufschlagspiel, verhalfen dem Schweizer diesmal nicht zur Wende. Federer agierte zu unkonstant, geriet bei eigenem Aufschlag regelmässig in Bedrängnis und vermochte seinerseits gegen den Service des Schotten nur wenig auszurichten. Nur einmal konnte er Murray – mit seiner einzigen Breakmöglichkeit in der gesamten Partie – den Aufschlag abnehmen. Aber selbst dieses frühe Break zum 1:1-Ausgleich verschaffte Federer keinen Auftrieb.
Auf die Verliererstrasse geriet Federer im fünften Spiel des ersten Satzes. Zu null gab Federer sein drittes Aufschlagspiel ab. Nach dem 0:15 unterliefen ihm bis zum Break drei Doppelfehler hintereinander. So etwas ist bei Federer schon lange nicht mehr vorgekommen. «Aber von Zeit zu Zeit passiert es, leider», so Federer. «Und gegen einen Topspieler wie Andy (Murray) kann dich das auch mal einen Sieg kosten. Ich durchlief in diesem Halbfinal Hochs und Tiefs. Und bei den Tiefs sank mein Niveau zu tief. Andererseits retourniert Murray so stark, dass du viel riskieren musst. Allerdings wollte ich den Aufschlag nicht annähernd so ausreizen, wie man aufgrund der drei Doppelfehler meinen könnte.»
Murrays Glaube an sich selbst
Nach dem «Horror-Game» zum 2:3 fand Federer nie mehr ins Spiel zurück. Auch im zweiten Satz geriet der Schweizer rasch unter Druck. Bei 2:2 brachte er den Aufschlag nicht mehr durch. Schon vorher hatte sich ein Break angedeutet, als Federer im ersten Game sieben Break-Bälle abwehren und im dritten Game einen 0:30-Rückstand umbiegen musste. Federer brachte im zweiten Satz nur eines von fünf Aufschlagspielen ohne Probleme durch. Murray dagegen liess sich durch nichts mehr aus der Ruhe bringen. Der Schotte demonstrierte, dass sein Selbstvertrauen nach dem Olympiasieg und dem ersten Triumph an einem Grand-Slam-Turnier (US Open) unermesslich gestiegen ist. Federer: «4:6, 4:6 ist ein knappes Resultat. Die Partie hätte auch kippen können. Genausogut hätte Murray aber noch viel klarer gewinnen können.»
Andy Murray, der Turniersieger in Shanghai 2010 und 2011, trifft im Final auf Novak Djokovic (ATP 2), der sich im ersten Halbfinal gegen den Tschechen Tomas Berdych mit 6:3, 6:4 durchgesetzt hat.
Eine grosse Vorgabe
Die Chance, dass Roger Federer bis Ende Jahr die Nummer 1 der Welt bleibt, ist nach der Halbfinalniederlage in Shanghai weiter gesunken. Novak Djokovic macht weiter Terrain auf Federer gut. Federer erhöhte in Shanghai sein Punktetotal zwar auf 12'165 Punkte; Djokovic verkürzt den Rückstand aber auf 195 Punkte (bei Turniersieg) oder 595 Punkte (bei Finalniederlage). Aufschlussreicher ist der Blick auf die Jahreswertung. In der beträgt der Vorsprung von Novak Djokovic mindestens 1755 Punkte, im Falle des Turniersieges sogar 2155 Zähler. An den letzten drei Turnieren in Basel (500), Paris-Berçy (1000) und dem Masters in London (1500) stehen noch maximal 3000 Weltranglistenpunkte auf dem Spiel.
«Aber ich habe meine Ziele in diesem Jahr längst erreicht. Ich wollte die Nummer 1 zurückerobern. Das habe ich nach Wimbledon geschafft und jetzt verlasse ich Shanghai sogar mit einer neuen Bestmarke von 300 Wochen. Natürlich wäre es ein Bonus, die Saison als Nummer 1 beenden zu können. Um aber überhaupt eine Chance zu haben, muss ich Basel, Paris-Berçy und das Masters gewinnen.»
In Shanghai deutete noch nicht viel darauf hin, dass Federer seinen Totaltriumph des letzten Herbsts wiederholen kann. Schon in Basel (ab dem 21. Oktober) dürfte Federer erneut auf Andy Murray treffen. In China spielte Federer okay, aber nicht grossartig. Das gleiche gilt für Federers wichtigsten Schlag, den Aufschlag. Federer: «Ich habe das Gefühl, dass ich Training brauche. Ich bestritt seit dem Frühling sehr, sehr viele Spiele, das Training litt während dieser Zeit womöglich darunter. Kurzfristig lässt sich das wohl nicht korrigieren. Aber jetzt wechseln wir in die Halle. Da werden die Ballwechsel etwas anders gespielt, vielleicht sieht indoors schon wieder alles ganz anders aus. Ich bin jedenfalls gespannt darauf, wie es mir in Basel laufen wird.»
Hier geht es zum Tableaux von Shanghai.
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