Ein guter Tag für Österreich
Marcel Hirscher wird Weltmeister im Riesenslalom. Ein Mann und ein Land sind erleichtert.

Marcel Hirscher hatte drei Rennen bestritten und eine Medaille gewonnen in St. Moritz, aber diese WM brachte ihm eigentlich nur Ärger. So muss ihm das bis am Freitag vorgekommen sein.
Am Anfang war er krank gewesen, im Super-G hätte ihn einer der Sprünge beinahe weggetragen, in der Kombination hatte er den Titel um eine Hundertstelsekunde verpasst und nachher in die Kamera gesagt: «Die Slalompiste war ein Flop!» – und im Teamevent verlor er im Viertelfinal gegen Schweden.
Für den Österreichischen Skiverband hatte die WM eigentlich gut begonnen: Am ersten Renntag gewann Nicole Schmidhofer überraschend im Super-G. Hans Pum, der Sportdirektor, war nach der Siegerehrung bei ein paar österreichischen Reporter gestanden, hatte ihnen auf die Schulter gehauen und gesagt: «Das ist ein super Start!» Dann ging es aber weiter mit Enttäuschungen, und so konzentrierten sich irgendwann die Hoffnungen eines ganzen Landes auf Marcel Hirscher.
Peinlich enttäuscht
Nachdem die Österreicher im Teamevent gescheitert waren und Hirscher ein Duell gegen einen Belgier namens Dries van den Broecke verloren hatte, erreichte ihn die Häme aus dem Internet. Er hatte noch den Riesenslalom und den Slalom, um es der Welt und den österreichischen Zeitungen zu zeigen. Der Druck nahm zu.
Hirscher hatte nicht immer in seiner Karriere gewusst, wie er mit den ganzen Erwartungen umgehen sollte – und an einen Rücktritt gedacht. In St. Moritz trat er nun in einem Medienbriefing auf, und sagte: «Ich bin wirklich peinlich berührt und enttäuscht von manchen Menschen, die in einer Onlineredaktion hocken und deren grösste Sorge ist, dass der Kaffeeautomat in der Früh funktioniert, die aber selbst noch nie auf Ski gestanden sind und sich jetzt ein Urteil anmassen.» Es war die Nachricht des Tages in St. Moritz und in Österreich. Hirscher hatte sich verteidigt – und neuen Druck aufgeladen. Am Freitag trat er nun zum Riesenslalom an, um die Goldmedaille zu holen, die ihm fehlte.
Am Berg sah man die Bilder, die man bei Hirscher immer sieht: wie er sich mit seinem Vater Ferdinand bespricht, wie er in diesem roten Astronauten-Skianzug irgendwo hinmuss, wie er den Lauf in Gedanken noch einmal durchgeht. Im Ziel jubelte Hirscher – ihm waren zwei Läufe gelungen, die keine Fragen offen liessen. Führung nach dem ersten Lauf, Weltmeistertitel nach dem zweiten. Die Fahrten waren das, was man souverän nennt.
Wödmasta!
Eine Weile lang sah er aus, als würde er nur noch ausatmen. Alles musste raus. Dann wurde er interviewt – nicht wie üblich von Chrigel Graf, dem Moderator dieser WM, sondern in Englisch. Hirscher leitet seine Sätze in der Fremdsprache gerne mit einem «well» ein, gut, das klingt natürlich sofort internationaler. Er will nun eine globale Marke sein.
Ein bisschen später, nun wieder auf Deutsch, sagte Hirscher: «Wahnsinn! Juhui, i bin Wödmasta! Zwei Österreicher auf dem Podium. Der Präsident strahlt über beide Ohren. Das ist ein guter Tag für Österreich.» Es klang wie eine kurze Rede zur Lage der Nation. Der zweite Österreicher war Roland Leitinger, der Silbermedaillengewinner dieses Rennens. Leitingers bisher bestes Ergebnis war ein sechster Rang im Riesenslalom von Sölden 2015. Er sollte an der Pressekonferenz auch ein paar Sätze in Englisch sagen, aber er sagte vor allem: «Amazing!» Er ist ein Überraschungssieger, keine Marke.
Nachdem der Sieg von Hirscher festgestanden war, stand er «mit dem Roli», wie er ihn nennt, im Zielbereich – und Professor Peter Schröcksnadel, der Präsident des Österreichischen Skiverbands, war auch da. Die Freude unter den dreien war so gross, dass sie ihn auf Schultern trugen – nicht Hirscher, sondern Schröcksnadel. Die Bedeutung dieses Weltmeistertitels von Hirscher nahm, je länger dieser Tag dauerte, desto mehr zu. Neben der persönlichen gab es auch eine nationale Ebene. Zwei Medaillen für die alte Skimacht. Österreich: Wödmasta!
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