Zähneputzen im Velosattel
Isabelle Pulver eilt in Extremradrennen von Sieg zu Sieg. Ihre Erfolge verdankt die Ittigerin zu einem wesentlichen Teil der optimierten Pausennutzung.

Ein Lächeln huscht über Isabelle Pulvers Gesicht, als sie von ihren langen Trainingseinheiten erzählt. «Das läuft wie von selbst», sagt sie und imitiert mit den Händen eine Kurbelbewegung. Die Ittigerin trainiert an intensiven Tagen bis zu 300 Kilometer, sie ist höchste Belastungen gewohnt. Und kann davon kaum genug bekommen.
Im Sommer 2015 gewann Pulver das prestigeträchtige Race Across America, von der Pazifik- an die Atlantikküste benötigte sie mit ihrem Rennvelo knapp elf Tage – deutlich weniger, als sie sich ausgerechnet hatte. «Das pushte mich extrem, die Motivation für weitere Wettkämpfe war danach riesig», sagt die 46-Jährige rückblickend.
«Normaler» Alltag
Nur zwei Monate später entschied sie einen Rundkurs auf Mallorca für sich, im letzten Jahr stellte sie beim Race Around Ireland gar einen Streckenrekord auf. Trotz ihrer Erfolge reichen die Sponsorengelder aber nicht aus, um vom Sport leben zu können. Sie arbeitet mit einer 80-Prozent-Anstellung als Physiotherapeutin.
Gerade in der Vorbereitung des besonders aufwendigen Wettkampfs in den USA wäre eine Reduktion ihres Pensums vermutlich sinnvoll gewesen. Doch das kam für die Bernerin nicht infrage: «Ich wollte unbedingt versuchen, den normalen Alltag durchzuziehen», hält Pulver fest. Es gelang so gut, dass die Konkurrenz in den Wettkämpfen keine Chance hatte, auch bei den folgenden Rennen nicht.
Entscheidend sind bei Extremradrennen die Pausen. So viel wie möglich versucht die Ausnahmeathletin fahrend zu erledigen – beispielsweise das Zähneputzen. Bei mehrtägigen Rennen hat sich die Rastdauer bei zwei Stunden pro Tag eingependelt – eineinhalb davon schläft sie.
Das Gehirn braucht die Erholung, um den Realitätssinn wieder zu schärfen. Denn nach den vielen Stunden im Sattel driftet Pulver oft in eine Art Parallelwelt ab. «Es ist ein schräges Gefühl: Ich glaube, ich sei am Schlafen und jetzt gehe dann gleich der Wecker», beschreibt sie. Der mentale Aspekt ist jener, der nicht planbar ist. Manchmal sind zusätzliche Power-Naps nötig, «das geht notfalls auch auf einem Handtuch am Strassenrand».
Italien und Österreich
Ein bis zwei Rennen dieser Art sind für Pulver pro Jahr möglich. Heuer erfolgt der Auftakt verhältnismässig früh – bereits Ende April findet in den Abruzzen nahe Rom ein Rennen über 800 Kilometer statt. Pulver will in einem Zug vom Start bis ins Ziel fahren. Beim zweiten Rennen entlang der Grenze Österreichs wird das nicht möglich sein. Das Race Around Austria im August, das sie bereits vor drei Jahren gewann, ist über 2000 Kilometer lang. Pulver will es in weniger als fünf Tagen bewältigen.
Trainiert hat die Ittigerin von Dezember bis März, dank Überstunden, je eine Woche in Südspanien. Und auch dort ihre Kilometer abgespult – wie von selbst.
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