Das Märchen der furchtlosen Eidgenossen ist wahr geworden
Warum der gestrige Sieg und der Einzug in den WM-Halbfinal eine Zeitenwende fürs Nationalteam sind.

Was sich am Donnerstagabend unter dem Dach einer Mehrzweckhalle in der dänischen Provinz ereignete, war mehr als ein Eishockeyspiel, ein WM-Viertelfinal, ein unvergesslicher Abend im Leben von zwei Dutzend Profisportlern. Es war sogar mehr als einer der grössten Erfolge in der Geschichte des Schweizer Eishockeys. Viel mehr noch war der Sieg gegen den zweifachen Weltmeister Finnland eine Zeitenwende fürs Nationalteam. Denn wo dieses seine seltenen Erfolge bisher mit einer scheuen Réduit-Haltung erreichte, schaffte es den dritten WM-Halbfinal der letzten zwanzig Jahre mit einer aggressiven Vorwärtsstrategie.
Das Märchen von den furchtlosen Eidgenossen, mit dem sich Trainer Patrick Fischer bei seiner ersten WM vor zwei Jahren noch blamiert hatte, ist auf wunderbare Weise wahr geworden.
«Jetzt isch üsi Ziit» hatten sie sich damals in Moskau auf T-Shirts drucken lassen, «mir sind Eidgenosse» und dazu Adjektive wie mutig, stolz und stark. Es folgte das schlechteste WM-Turnier seit über zwei Jahrzehnten.
Nationalteam attraktiv wie nie
Fischers Ansprüche sind bis heute dieselben. Aber in Dänemark hat sein Team sie nicht mehr nur auf Textilien gedruckt, sondern vor allem auf dem Eis gelebt. Selten zuvor zeigte eine Schweizer Auswahl so viel Vorwärtsdrang. Noch nie verfügte eine über solche offensive Qualität. Die Möglichkeit, aus dem Nichts ein Tor zu machen, unterscheidet dieses Nationalteam grundlegend von all seinen Vorgängern.
So stürmte es in den Halbfinal. Und so wachsen die Träume immer weiter. Die Tage, an denen es noch Spieler gibt, die an dieser WM das Wort Medaille nicht in den Mund nehmen, sind seit gestern gezählt.
Das Nationalteam ist attraktiv wie nie zuvor, und das ist Fischers grösster Triumph.
Ist Fischer nun ein brillanter Trainer, der trotz zwei misslungenen Grossanlässen mutig an seinen Ideen festhielt? Oder profitiert er jetzt bloss davon, dass er mit Niederreiter, Andrighetto, Fiala, Meier und Josi überragende Offensivkräfte zur Verfügung hat? Es ist die Frage nach dem Huhn oder dem Ei, und sie spielt keine Rolle mehr. Fischer hat die Stärken seines Personals zur Geltung gebracht und eine Atmosphäre geschaffen, in der die Stars um den halben Globus jetten, um für ihr Land zu spielen. Das Nationalteam ist attraktiv wie nie zuvor, und das ist Fischers grösster Triumph.
Auch seine Chefs dürfen sich freuen. Sie hatten den Vertrag mit dem 42-Jährigen im Dezember frühzeitig verlängert, ein weiteres Fiasko nach Olympia hätte die Verbandspolitik grundlegend infrage gestellt. Nun hat Swiss Ice Hockey im Hinblick auf die Heim-WM 2020 einen Erfolgstrainer, einen blendenden Botschafter, ein attraktives Produkt und einen WM-Halbfinalisten.
Und vielleicht noch viel mehr. Ab morgen ist ja wieder Sturm angesagt.
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Videos: Die Tore zum grossen Sieg:
Joël Vermin erzielt das 2:1
Gregory Hofmann schiesst das dritte Tor
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