Da hilft kein Ancelotti
Der FC Thun verliert beim 1:2 in Lugano zum dritten Mal in Folge. Die Oberländer stellen sich auf einen langen Abstiegskampf ein. Interimstrainer Mauro Lustrinelli hat einen simplen Ratschlag.
Einen kurzen Moment lang droht Mauro Lustrinelli die Verfassung zu verlieren. Es läuft die Nachspielzeit im Stadio di Cornaredo. Dejan Sorgic hat kurz zuvor mit seinem bereits elften Saisontor den 1:2-Anschlusstreffer für den FC Thun erzielt. Die Oberländern können sich plötzlich und völlig unerwartet Hoffnungen auf einen Punktgewinn machen. Sie haben es jetzt eilig.
Aber ein Tessiner Balljunge, abgeklärt wie ein Routinier, verschafft dem Heimteam ein paar Sekunden Verschnaufpause, indem er den Ball gekonnt über Lustrinelli hinweglupft. Der Interimstrainer schimpft und flucht – so jedenfalls lässt sich seine Mimik aus der Ferne deuten.
Wenig später beendet der Schiedsrichter die Partie. Und Lustrinellis Ärger ist verflogen. Er sagt, während er lässig am Eingangsbereich der Katakomben lehnt: «Momentan läuft der Ball nicht für uns.» Der 41-Jährige fordert nach drei Niederlagen in Folge: «Wir dürfen jetzt nicht zu viel nachdenken.» Lustrinelli sieht noch fast so aus wie damals, als er einer der gefürchtetsten Schweizer Stürmer war.
Und manchmal hört er sich immer noch wie ein Goalgetter an, obwohl er die Karriere 2012 beendete. Nicht zu viel nachdenken, die Dinger reinmachen: Es ist bestes Stürmerdeutsch.
Wie verwandelt
Ein Stürmer pflegt solche Worte etwa zu wählen, wenn er eine Phase durchlebt, in der es ihm nicht läuft. Wenn er Chancen vergibt, die er sonst mit verbundenen Augen verwertet (auch so eine Stürmerwortwahl). Weil er zu viel nachdenkt, sich verkrampft, die Leichtigkeit des Seins verloren hat.
Dasselbe lässt sich auch bei den Oberländern festhalten. Noch vor einem Monat schien ihnen fast alles zu gelingen. Lugano wurde zu Hause 5:2 bezwungen, die beiden Tore erzielten die Tessiner erst in den Schlussminuten. Es war einer der besten Auftritte auf heimischem Kunstrasen überhaupt.
Am Ostermontag präsentierte sich der FC Thun so schwach wie noch fast nie in dieser Saison. Die Oberländer agierten ideenlos, passten ungenau, schossen ohne jegliche Überzeugung. – Was ist passiert?
Sieglos ohne Saibene
Ein plausibler Erklärungsversuch: Der Transfer von Trainer Jeff Saibene zu Bielefeld wirkt sich stärker aus als angenommen. Seit dem Abgang des 49-Jährigen hat Thun in drei Partien null Punkte geholt und nur auswärts in Sitten eine ansprechende Leistung gezeigt.
«Wenn man so unpräzis spielt wie wir heute, kann auch Bayerns Carlo Ancelotti an der Seitenlinie stehen, und es bringt nichts», sagt Dennis Hediger dazu. Der Captain wählt einen anderen Ansatz, um die Schwächephase herzuleiten. Er glaubt, die Gegner hätten sich auf die schnelle und vertikale Spielweise eingestellt. «Jetzt müssen wir neue Lösungen finden.»
Der Thuner Offensive, die mit 19 Treffern immer noch die zweitbeste der Rückrunde ist, begegnete Lugano mit Fünferkette und kompaktem Zentrum. Die Folge: Die Oberländer kamen während der ersten Halbzeit zu keiner nennenswerten Gelegenheit.
Und nach der Pause gerieten sie sogleich in Rückstand: Mickaël Facchinetti bugsierte eine Hereingabe von Ezgjan Alioski, der zuvor im Abseits gestanden war, ins eigene Tor. Eine Viertelstunde später leitete der Linksverteidiger mit einem Fehlpass das 0:2 ein.
Diesmal war Alioski selbst erfolgreich. Der Flamatter war an den nunmehr elf letzten Treffern der Tessiner beteiligt. «Er macht den Unterschied aus», sagt Lustrinelli und verweist auf die Stärke Luganos. Nur Basel hat seit der Winterpause mehr Punkte geholt. Die Tessiner befinden sich auf Europacup-Kurs.
Der FC Thun orientiert sich derweil als Neunter nach unten: «Wir werden bis zum Schluss gegen den Abstieg kämpfen», prophezeit Mauro Lustrinelli. Sein Ratschlag: Deswegen ja nicht ins Grübeln geraten.
Lugano - Thun 2:1 (0:0)
4563 Zuschauer. - SR Hänni. - Tore: 49. Facchinetti (Eigentor) 1:0. 64. Alioski (Mariani) 2:0. 94. Sorgic 2:1.
Lugano: Salvi; Cümart, Sulmoni, Golemic; Crnigoj, Mariani (78. Vecsei), Piccinocchi, Sabbatini, Mihajlovic; Alioski (87. Carlinhos), Sadiku (93. Padalino).
Thun: Faivre; Glarner, Schindelholz, Bürgy, Facchinetti (78. Peyretti); Tosetti (69. Schirinzi), Hediger, Lauper, Fassnacht; Sorgic, Rapp (53. Spielmann).
Bemerkungen:Lugano ohne Jozinovic und Rosseti (beide verletzt). Thun ohne Bürki, Ferreira und Bigler (alle verletzt). 83. Rote Karte gegen Schirinzi (Nachtreten). Verwarnungen: 14. Mariani (Foul), 59. Glarner (Schwalbe), 64. Spielmann (Foul), 71. Lauper (Foul).
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