Sions Energieausfall
Klasse schlägt Mythos. Erstmals verliert der FC Sion einen Cupfinal. Er agiert beim 0:3 in Genf gegen Basel uninspiriert und schwach. Und kommt an Auffahrt nicht einmal in die Nähe einer Auferstehung.
Alles ist vorbereitet. Für ein weiteres Walliser Wunder. Genf ist am Auffahrtsnachmittag weitgehend von Rot und Weiss besetzt, viele Anhänger des FC Sion tragen die Nummer 14. Auf dem Rücken, auf der Fahne, auf Plakaten. Im Stade de Genève soll gegen Basel gleich der 14. Cupsieg im 14. Cupfinal gefeiert werden. Zweifel kennen die Supporter nicht: Es ist prächtiges Wetter – wie meistens, wenn Sion triumphierte. Ihr Verein ist Aussenseiter – wie oft, wenn Sion siegte. Die Fans sind bestens eingetrunken – wie immer, wenn Sion jubelte.
Diesmal ist alles anders. Wunder wiederholen sich nicht endlos. Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, hätte der FC Sion seine frühe, beste und im Grunde genommen einzige erwähnenswerte Torchance genutzt. Nach einem Fehler Marek Suchys jedoch gerät der Querpass von Moussa Konaté zu ungenau für Grégory Karlen. Dann wartet man und wartet und wartet, der Cupfinal findet nicht in die Gänge, es ist eine ruppige Angelegenheit, ein zähes Ringen und Schwingen und Kämpfen. Das ist gar nicht so schlecht aus Sittener Sicht, denn der Gegner ist Favorit, er steht unter Druck und spielt so, wie der FC Basel oft spielt. Nicht besonders kreativ, nicht sehr schwungvoll, schon gar nicht begeisternd. Aber kontrolliert, solid, ruhig.
Es ist eine sehr schwache erste Halbzeit, torlos und geprägt von vielen Fouls. Und zur Pause denkt man: Läuft mal wieder nicht übel für den FC Sion. Gleich wird die lange Liste Walliser Cuphelden um einen weiteren Namen erweitert. Selbst wenn rational betrachtet eher wenig für einen Sieg des kriselnden Klubs spricht. Im Cupfinal kann der Mythos die Klasse jederzeit schlagen. Am 25. Mai 2017 aber weicht das Drehbuch fundamental von den Legendengeschichten der letzten Jahrzehnte ab. Von jenen unfassbaren Märchen, meistens im Wankdorfstadion, später im Stade de Suisse, zweimal im Basler St.-Jakob-Park.
Die Magie der Walliser Cupfaszination verbreitet sich in Genf nicht. Und wie der Niedergang eingeleitet wird, passt ganz gut zur brutalen Zerstörung des weltweit einmaligen, wunderbar zelebrierten Zaubers. Pa Modou, der überforderte Linksverteidiger des FC Sion, rutscht gleich nach der Pause an der eigenen Strafraumgrenze aus, was den Baslern einen Angriff in Überzahl ermöglicht, den Mohamed Elyounoussi, Seydou Doumbia und Matias Delgado schnell und schön ausspielen. Delgado trifft in der 47. Minute zum 1:0. Irgendwie aus dem Nichts. Typisch FCB. Untypisch für den FC Sion an diesem Anlass. Mal wieder aber liegt er im Cupfinal in Rückstand. Noch nicht 0:2, wie auch schon einige Male, doch nun ist es höchste Zeit für das nächste Kapitel in der glorreichen Walliser Cupsaga.
Basel aber ist nicht YB, das zweimal im Cupfinal einen 2:0-Vorsprung gegen Sion verspielte. Und vor allem hat dieser FC Sion im Mai 2017 die grenzenlose Überzeugung verloren. Und die Energie gar nie gefunden. Das beginnt bei den Fans, die zwar in deutlicher Überzahl sind, aber erstaunlich passiv, während die Basler Anhänger den stimmungsmässigen Vergleich locker gewinnen. Sie haben vor Spielbeginn eine hübsche Choreografie präsentiert, in der sie forderten, der Cupfinal müsse in Bern (oder in ihrem Jargon: im Wankdorf) stattfinden. Das würde auch die Sion-Fangemeinde glücklich stimmen.
Genf aber ist kein gutes Pflaster für die Walliser Fussballfreunde. Auf den Rängen sind sie nach dem Rückstand noch gehemmter, auf dem Platz übernimmt keiner Verantwortung. Es ist beinahe traurig, wie kläglich sich der FC Sion wehrt. Er ergibt sich früh, ihm fehlt der Glaube an eine Auferstehung an Auffahrt. Und die Qualität, um diesen abgeklärten FCB in Verlegenheit zu bringen. Und so trifft nach rund einer Stunde Spielzeit sogar einer, der in 57 Super-League-Einsätzen erst ein Tor geschossen hat. Der rechte Aussenverteidiger Adama Traoré erzielt das 2:0, wieder steht mit Elsad Zverotic eine Sion-Defensivkraft mit einer unglücklichen Aktion Pate.
Und kurz vor Spielende reüssiert auch noch der linke FCB-Aussenverteidiger Michael Lang mit einem herrlichen Volleyschuss. Doch zu diesem Zeitpunkt steht der Sittener Fall an Auffahrt 2017 längst felsenfest fest. Diese Sion-Belegschaft wird für immer den Stempel der Cupfinalverlierer tragen. In Genf scheint es, als würde es diese multikulturelle Mannschaft nicht wirklich stören. Der berühmte Walliser Widerstand fehlt im wirr zusammengestellten Team.
Und so entlarven die kühlen Basler den feurigen Cupmythos als das, was er ist. Vielleicht ist das alles ja kein Zufall. Schliesslich besitzt das Walliser Wappen nur 13 Sterne.
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