Mit lautem Jubel und leiser Trauer auf die letzten Meter
YB schlägt Lausanne 4:1 und hat nächsten Samstag zu Hause gegen Luzern den Matchball zum Meistertitel. Wenige Tage nach dem Tod von Andy Rihs ist es im fast vollen Stade de Suisse ein emotional aufwühlender Spagat für die Young Boys.
Die beiden Gefühlswelten prallen kurz nach Spielschluss aufeinander. 4:1 hatte YB eben Lausanne abgefertigt, aufwühlend ist das angesichts der derzeitigen Kräfteverhältnisse noch nicht, aber es war womöglich der vorletzte Schritt auf dem Weg zum grossen Ziel, zur Krönung, zum ersten Meistertitel seit drei Jahrzehnten. YB kann mit einem Sieg am nächsten Samstag gegen Luzern die Ekstase vollenden, es war im fast vollen Stade de Suisse also gerade mal wieder sehr laut – und dann plötzlich mucksmäuschenstill.
Hans-Ueli Rihs richtete in einer Videobotschaft einige Worte an den aufmerksam lauschenden YB-Anhang. Der Bruder des vergangene Woche verstorbenen Andy Rihs bedankte sich für die «grosse Anteilnahme», welche er nach dem Todesfall von den Young Boys und ihrem Anhang erfahren habe. Aus der Loge unter dem Dach winkte «Jöggi» Rihs ins Publikum, er verfolgte das Spiel neben Alt-Bundesrat Adolf Ogi.
«Merci Andy»
Laut und leise, das war an diesem Nachmittag im Berner Stadion der auffälligste Bruch. Schon vor dem Spiel hielten die 26 500 Zuschauer eine Schweigeminute für Rihs ab, gefolgt von tosendem Applaus. Der YB-Staff trat geschlossen in Schwarz, die Spieler mit Trauerflor und speziellen Trikots («Merci Andy») auf, im Fanblock dankte der Anhang dem verstorbenen Investor und Mitbesitzer mit einem Transparent.
Der Tod von Andy Rihs markierte in der aufgeregten, auch etwas nervösen Erwartung der letzten Wochen eine Zäsur, kurz standen die Uhren still. «Mich hat das persönlich sehr getroffen», sagte YB-Trainer Adi Hütter nach der Partie.
«Mich hat das persönlich sehr getroffen.»
Doch es war für Hütter primär eben auch ein «toller, ein erfreulicher» Nachmittag, weil er auf dem Weg zum 22. Saisonsieg und nach dem Punktverlust beim 2:2 am Mittwoch in Thun von seiner Mannschaft wieder das sah, was sie auf dem Weg zum Titel nahezu unbesiegbar gemacht hat: Ruhe, Stärke, Selbstvertrauen.
Hoarau schiesst sich an Spitze
Ziemlich resolut gingen die Young Boys die Pflichtaufgabe an, das 1:0 nach neun Minuten sah aus wie schon dutzendmal gespielt: ein Antritt und eine Flanke von Kevin Mbabu, ein Schritt und ein Ablenker von Guillaume Hoarau.
Und wenig später ging bereits der spielerische Höhepunkt der Veranstaltung über die Bühne: Leonardo Bertone lancierte Miralem Sulejmani, der legte per Hacke wunderbar zurück auf Christian Fassnacht, und dieser wiederum traf satt unter die Latte – 2:0.
Zwanzig Minuten waren gespielt, YB hatte seinen Gegner dort, wo sich Lausanne eigentlich um keinen Preis hatte hindrängen lassen wollen: in früher Rücklage. Nach Hoaraus zweitem Streich – einem Kopfball auf Sulejmani-Freistoss, der ihn mit 13 Meisterschaftstoren nun allein das Torjägerklassement anführen lässt – gab es über den Ausgang der Partie eigentlich kaum noch Zweifel.
Einzig der weitere Verlauf vermochte phasenweise zu überraschen: eine Lausanner Mannschaft, die Energien freisetzte, die kurz nach dem Seitenwechsel zum Anschlusstreffer durch Simone Rapp und in der Folge zu einigen Halbchancen gegen nun tiefer, aber weiterhin kompakt stehende Young Boys kam. Ein kleiner Hoffnungsschimmer für den akut abstiegsbedrohten Tabellenletzten.
Rochats Lächeln
Am YB-Sieg aber gab es nie Zweifel, ganz zum Schluss stellte der formstarke Fassnacht mit seinem zweiten Tor den alten Abstand wieder her. Und nach dem Schlusspfiff, dem lauten Jubel der Fans und dem leisen Dank von Rihs ging es weiter mit den aufeinanderprallenden Gefühlswelten.
Lausanne-Verteidiger und YB-Veteran Alain Rochat rang sich zum anstehenden Berner Titel ein Lächeln ab, sagte aber, man habe am Léman gerade selber einiges zu bereinigen. Wenig später, nach der Pressekonferenz, erklärte Lausanne-Trainer Ilja Borenovic einigen Westschweizer Journalisten seinen Plan gegen den Abstieg.
Ein entspannter, nüchterner Adi Hütter sinnierte daneben über den letzten Schritt zum Titel: «Auch diese letzten Meter müssen wir erst noch gehen.» Ein Erfolg gegen Luzern würde YB am Samstag die Feierlichkeiten erleichtern. In allen anderen Fällen müsste der Berner Feiertross erst noch das Resultat vom Sonntag zwischen Basel und Thun abwarten – holt der FCB von den aktuell 13 Punkten Rückstand keinen auf, ist YB nächstes Wochenende Meister.
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