Alle trainieren im Süden – ausser der FC Thun
Wegen der finanziellen Probleme hat der FC Thun auf ein Trainingslager in Südeuropa verzichtet. Stattdessen bereiten sich die Oberländer zu Hause auf die Rückrunde vor – bei Minustemperaturen.
Der Mann sieht aus, als würde er demnächst eine Bank überfallen wollen. Die Mütze tief ins Gesicht gezogen, den Schal um Hals und Mund gewickelt, nur Augen und Nasenspitze schauen noch hervor.
Doch keine Bange, Nelson Ferreira will nur Fussball spielen. «Angenehm ist es sicher nicht, bei dieser Kälte zu trainieren», sagt der Mittelfeldspieler des FC Thun. «Aber wir machen das Beste daraus.»
Derweil die Konkurrenz aus der Super League Anfang Januar Richtung Süden flog, um sich den Feinschliff für den Rückrundenstart zu holen, blieb der FC Thun zu Hause. Die finanziell angespannte Situation liess einen Abstecher ins Ausland nicht zu.
«Wir haben in der Öffentlichkeit gebettelt, hätten wir dann 60 000 Franken für ein Trainingslager ausgegeben, hätte das niemand verstanden», sagt Sportchef Andres Gerber. Für Spieler und Staff war dieser Entscheid zu Beginn eine Enttäuschung, wie Coach Jeff Saibene festhält.
«Es ist schliesslich immer eine tolle Zeit im Trainingslager, meist herrscht schönes Wetter, allgemein gute Bedingungen. Aber jetzt ist das für uns kein Thema mehr, da wir hier auch gut trainieren können.» Dem Kunstrasen in der Stockhorn-Arena sei Dank, konnte sich der FC Thun seit dem 4. Januar trotz Kälte und Schnee durchgehend der Vorbereitung widmen.
Warmer Tee, kaltes Bad
Dass es Angenehmeres gibt, als bei Minustemperaturen auf dem Fussballplatz zu stehen, zeigt ein Augenschein während einer Übungseinheit. Nicht nur Nelson Ferreira ist dick eingepackt; Handschuhe und Mützen gehören zur Standardausstattung der Spieler.
In einem Behälter steht überdies Tee bereit, damit sie sich in kurzen Pausen aufwärmen können. «Die Temperaturen sind vielleicht nicht optimal», meint Simone Rapp, «aber man gewöhnt sich daran.»
Um Verletzungen vorzubeugen, kommen die Thuner bereits aufgewärmt auf den Platz. «Vor dem Training regen wir auf dem Velo die Durchblutung an und stretchen ausgiebig», erklärt Ferreira. «Und danach ist es ebenfalls wichtig, nochmals zu stretchen und ins Kaltbad zu steigen, um für den nächsten Tag fit zu sein.»
Bis jetzt jedenfalls macht sich dieses Prozedere bezahlt, die Thuner beklagen kaum Verletzte. «Und krank war auch keiner», sagt Ferreira, fügt jedoch lachend an: «Doch, unser Physiotherapeut ist eine Woche ausgefallen.»
Teambuilding nach Thuner Art
So blieb den Thunern zuletzt nur der neidische Blick nach Südeuropa, wo sich die neun Ligakonkurrenten auf den Rückrundenstart vorbereitet haben. Oder doch nicht? «Sicher wäre es schöner, wenn die Sonne ab und zu schiene», meint Ferreira, «aber wir haben hier ja auch gute Trainingsmöglichkeiten.»
Nun dient ein Trainingslager nicht zuletzt auch dem Teambuilding. Ein gemeinsamer Ausflug, vielleicht mal zusammen in den Ausgang gehen – das gibt Kitt in eine Mannschaft. Die Thuner Spieler stellen das nicht in Abrede.
«Doch wir machen auch hier viel zusammen, waren beispielsweise im Europa-Park, deshalb sehe ich diesbezüglich keine Probleme», sagt Rapp. Und Coach Saibene ergänzt: «Wir haben eine sehr gute Mentalität in der Mannschaft. Die Spieler sind motiviert und wissen, worum es geht. Das ist eine gute Basis, um gute Leistungen in der Rückrunde zu zeigen.»
Diese beginnt für den FC Thun am 4. Februar bei den Grasshoppers, womöglich bei ähnlich kalten Temperaturen. Deshalb sieht Ferreira – mittlerweile befreit von Handschuhen, Halstuch und Mütze – sogar Positives im Oberländer Winter: «Wir sind daran gewöhnt.»
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