Gespart, gesät, geerntet
Am Mittwoch empfängt die AS Monaco im Champions-League-Halbfinal Juventus Turin. Der Boss Dimitri Rybolowlew hat dem Klub einen Sparkurs verordnet, setzte auf junge Akteure. Das Konzept hat sich gelohnt.

Am Ursprung des Aufschwungs stand eine Sparübung. Im Sommer 2014 beschloss Dimitri Rybolowlew, die Ausgaben für sein «Spielzeug», den Fussballklub Monaco, den er Ende 2011 in der Ligue 2 übernommen hatte, drastisch zu senken.
Anstatt Stars zu Fantasiepreisen zu verpflichten, so wie es der Klubbesitzer nach dem Aufstieg in der Saison 2012/2013 mit einem Budget von über 100 Millionen Euro und dem Kauf von Akteuren wie James Rodriguez, Ricardo Carvalho, Falcão oder João Moutinho gemacht hatte, änderte der Russe die Strategie.
Fortan hielt man im Fürstentum Ausschau nach entwicklungsfähigen Fussballern. Auch gezwungenermassen. Die Regeln des Financial Fairplay müssten gemäss Auflagen der Uefa beachtet werden, lautete die Begründung von Rybolowlew, der mit dem Aufbau einer Firma für Düngemittel und Spekulationen an der Börse zu unfassbarem Reichtum gelangt ist.
Dass der Russe, einer der hundert reichsten Menschen der Welt, 2014 mehr als 4 Milliarden Franken – die Hälfte seines Vermögens – an seine Ex-Frau bezahlen musste, hat den Sparkurs wohl gefördert. «Die teuerste Scheidung der Menschheit», wie das amerikanische Wirtschaftsmagazin «Forbes» titelte, entpuppte sich irgendwie auch als Glücksfall für Monaco.
Der Glücksgriff mit Jardim
Im Zuge des Sparprogramms trennte sich Rybolowlew vom teuren Coach Claudio Ranieri, hievte den in Venezuela geborenen Portugiesen Leonardo Jardim ins Amt, der zwar keine Titel geholt, sich in Portugal indes den Ruf eines guten Ausbildners erworben hatte. Ein Glücksgriff.
Im ersten Amtsjahr legte Jardim das Augenmerk auf die Defensive. Mit einem routinierten Team erreichte er den Viertelfinal in der Champions League und den dritten Rang in der Ligue 1, förderte junge Spieler wie Anthony Martial, setzte so den Auftrag des Klubbesitzers in Ansätzen um.
Über 60 Millionen Euro liess sich Manchester United 2015 die Dienste Martials kosten – das Konzept warf erste Renditen ab. In seiner zweiten Saison, die in der Liga wieder auf dem 3. Rang abgeschlossen wurde, baute Jardim konsequent auf junge Akteure.
Basierend auf der inzwischen funktionierenden Defensive, feilte er am Umschaltspiel und an der Fitness. Sein Credo: 95 Prozent der Übungen werden mit Ball absolviert. «Ich bin überzeugt, dass man die Arbeit in den Bereichen Fitness, Taktik und Technik kombinieren muss. Das sollte man nicht trennen», erklärte Jardim 2015 in einem Interview mit der französischen Sportzeitung «L'Équipe».
Leidtragende von Jardims Akribie waren im Sommer 2015 auch die Young Boys, die in der Qualifikation zur Champions League mit dem Gesamtskore von 1:7 die Grenzen aufgezeigt bekamen.
Viele der heutigen Protagonisten standen bei Monaco damals noch nicht auf dem Platz (siehe Grafik), sie waren zu jung, sassen auf der Bank oder waren noch nicht im Verein.

AS Monaco: In zwei Jahren zum Topteam gereift. Klicken zum Vergrössern.
Offensivfussball vom Feinsten
Mittlerweile bilden die Monegassen eines der aufregendsten Teams in Europa. Sie agieren clever, spektakulär, lullen ihre Gegner ein, um bei Fehlern mit Tempo und Präzision zuzuschlagen.
In der Ligue 1 streben sie den Titel an, führen drei Runden vor Ende der Saison mit drei Punkten Vorsprung auf Paris, haben sogar noch ein Nachholspiel in petto. In der Champions League eliminierte Monaco in der K.-o-Phase Manchester City und Dortmund mit Offensivfussball vom Feinsten. Keine europäische Equipe erzielte in dieser Spielzeit wettbewerbsübergreifend mehr Treffer.
Der Hype um Mbappé
Akteure wie die Mittelfeldspieler Thomas Lemar (21), Tiemoué Bakayoko (22), Bernardo Silva (22), die Verteidiger Benjamin Mendy (22) und Almamy Touré (21) erzielten so grosse Fortschritte, dass sich Experten mit Elogen überschlagen.
An der Seite der Routiniers Moutinho oder Falcão, zweier Überbleibsel aus der Zeit vor der Sparwelle, reiften diese Youngsters binnen weniger Monate zu veritablen Wertanlagen.
Den grössten Hype erzeugt indes Stürmer Kylian Mbappé (18), der von allen Topklubs umgarnt wird und dereinst zum teuersten Fussballer der Welt werden könnte. Werdegang, Habitus und Potenzial erinnern an Stürmerlegende Thierry Henry. Auch der startete seine Karriere einst im Fürstentum, bevor er zu Juventus wechselte.
Die Defensivspezialisten aus Italien fordern Monaco am Mittwochabend im Halbfinalhinspiel der Königsklasse heraus. Es ist der ultimative Test für die Offensivkünstler. Und ohne Zweifel ein Highlight für den medienscheuen Boss Rybolowlew. Dass Monaco nach Sparmassnahmen durchstarten würde, hätte wohl auch der steinreiche Russe so nicht erwartet.
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