Spitex warnt vor Folgen des Sparprogramms
Falls der bernische Grosse Rat die ASP-Sparmassnahmen bei der Spitex bewilligt, wird die öffentliche Spitex rund 16'000 Menschen nicht mehr betreuen können. Das sagt der bernische Spitex-Verband gestützt auf ein Gutachten

Die Präsidentin des Spitex-Verbands des Kantons Bern, Lisa Humbert-Droz, sprach am Donnerstag an einer Medienkonferenz in Bern auch von 700 gefährdeten Stellen im Bereich hauswirtschaftliche Leistungen.
Die öffentliche Spitex sei bereit, ihren Anteil an den Sparmassnahmen zu übernehmen, sagte Humbert-Droz weiter. Sie werde aber von der Aufgaben- und Strukturüberprüfung (ASP) 2014, so wie sie jetzt vorliegt, viel zu stark betroffen.
Unrentable Einsätze fallen weg
Im ASP-Sparprogramm schlägt die Regierung vor, die Abgeltung der Versorgungspflicht für pflegerische Leistungen der öffentlichen Spitex um 25 Prozent zu senken. Jene für hauswirtschaftliche Leistungen soll um 50 Prozent tiefer ausfallen. Zudem will die Regierung auch Subventionen an die hauswirtschaftlichen und die sogenannten ergänzenden Dienstleistungen der Spitex streichen.
Wenn diese Sparmassnahmen Realität würden, könnten es sich die öffentlichen Spitex-Organisationen schlicht nicht mehr leisten, unrentable, meist kürzere Einsätze zu leisten, sagt Humbert-Droz. Niemand werde mehr beispielsweise schauen, ob in den Kühlschränken der von der Spitex betreuten Personen Speisen mit längst abgelaufenem Verfalldatum lägen oder ob die Hausmatte eine Sturzgefahr darstelle.
Der Kanton stelle mit diesen Sparvorschlägen den Grundsatz «ambulant vor stationär» in Frage. Zudem seien sie volkswirtschaftlicher Unsinn: Wenn nicht die Spitex diese 16'000 Personen betreue, dann seien es Ärzte, Pflegeheime oder Spitäler. Die Autoren der Studie schätzen die dadurch anfallenden Zusatzkosten auf 260 Millionen Franken.
Betroffen wären laut dem Spitex-Verband nicht nur Leute auf dem Land, sondern auch in den Städten. Der bernische Grosse Rat beugt sich im November über die total 88 Massnahmen in Topf 1 des Sparprogramms ASP 2014.
Gutachten schon Anfang Jahr bestellt
Der bernische Spitex-Verband gab das Gutachten zu den Nettokosten der sogenannten Spitex-Versorgungspflicht schon Anfang Jahr in Auftrag, also vor Bekanntgabe des ASP-Sparprogramms durch die Kantonsregierung im vergangenen Juni. Erstellt hat das Gutachten die Oltener Beratungsfirma Polynomics AG.
Der Verband wollte die Studie, weil die Versorgungspflicht der öffentlichen Spitex-Organisationen laut Humbert-Droz seit der Einführung der neuen Pflegefinanzierung durch den Bund in allen Kantonen ein Thema ist. Als Grund gab die Verbandspräsidentin auch Kritik der privaten Spitex-Organisationen an den Abgeltungen der öffentlichen Hand an.
Abgeltungen für ihre pflegerischen und hauswirtschaftlichen Leistungen erhalten öffentliche Spitex-Organisationen im Kanton Bern, wenn sie vom Kanton einen Versorgungsauftrag erhalten haben. Das verpflichtet sie, Einsätze in ihren Gebieten auch zu übernehmen, wenn sie defizitär sind. Der Kanton Bern entschädigt sie dafür.
Laut der Studie betragen die Nettokosten dieser Versorgungspflicht der öffentlichen Spitex-Organisationen im Kanton Bern 27,9 Millionen Franken. Die Abgeltung des Kantons macht 25,3 Millionen Franken aus. Den öffentlichen Spitex-Organisationen fehlen also laut Studie 2,6 Millionen Franken. Die Abgeltungen seien also nicht zu hoch, sondern zu tief.
440'000 Einsatzstunden untersucht
Die Studie beruht auf einer Untersuchung von 440'000 Einsatzstunden von vier öffentlichen Spitex-Organisationen im Kanton Bern. Sie decken laut den Autoren Stadt, Agglomeration und Land ab, so dass die Ergebnisse auf den ganzen Kanton hochgerechnet werden können.
Der Spitex-Verband des Kantons Bern umfasst 53 öffentliche Spitex-Organisationen im Kanton. Diese beschäftigen 4200 Personen und leisten jährlich 1,5 Millionen Pflegestunden und 0,5 Millionen Stunden in Hauswirtschaft und Sozialbetreuung. Die Leistungen in Pflege, Hauswirtschaft und Sozialbetreuung sind ärztlich verordnet.
SDA/jzu
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